Runde 2 HSK 29 gegen Barmbek 5 – erneute knappe Niederlage

Die zweite Runde war meine erste als Mannschaftsleiter in einem Heimspiel. Mir waren Helges und Olafs Worte zum Uhrenstellen noch im Ohr. Also machte ich mich früh auf den Weg und war 30 Minuten vorher oben im Spielsaal. Sofort wurde mir klar: Ich verwechselte die Vorbereitung eines Heim-Mannschaftskampfes mit der eines Clubturniers. Ich war bequem und leichtsinnig einfach davon ausgegangen, alles sei schon mit vollen Brettern und Schildern „eingedeckt“. Doch so war es überhaupt nicht. Alle HSK-MF dachten begreiflicherweise an ihre eigenen Spiele. Und so sagte mir Georg Walter, der lobenswerter Weise schon fast alle Bretter aufgestellt hatte, als erstes nach der Begrüßung, es werde mit dem Material knapp werden.

Das Uhrendrama

Knapp? Konnte ich nicht glauben, schließlich war das hier der HSK, Deutschlands mitgliederstärkster Schachverein. Allerdings war noch keine der Uhren gestellt (von wem auch, wenn nicht vom gastgebenden MF?). Bekanntlich sind unsere Uhren auf alles einprogrammiert, nur nicht auf den HMM-Modus. Doch ich hatte ja in der o. g. Info-Veranstaltung gelernt, wie man sie manuell einstellt. Und ich konnte es ja auch. So gelangte ich frohen Mutes nach reibungsloser Einstellung der 2:00 erfolgreich mit der Minus-Taste zu „time 2“ – und wurde unterbrochen. Es ging um Fragen aufmerksamer Mitspieler zu Figuren, Hinweisschildern etc. Ein weißer Springer fehlte auch und war oben einfach nicht aufzutreiben. Also bat ich Ole, der selbst gerade noch 5 Minuten hatte, sich zu sammeln, im EG nachzuschauen.

Noch immer waren die Uhren nicht gestellt. Jetzt war zum Glück Andreas eingetroffen, ebenfalls Teilnehmer der o. g. Info-Veranstaltung. Er hatte sogar die Anleitung mit dabei, benötigte die aber selbst für „seinen“ Teil der noch zu stellenden Uhren. Ich selbst wollte meine bisher erfolgreiche Arbeit fortsetzen, wusste aber plötzlich nicht mehr, mit welchem Knopf es mit „time 2“ weitergeht. Ganz unverständlicherweise drückte ich nun immer den falschen und setzte die Uhr zurück, bis ich dann nicht einmal „time 1“ richtig setzte. (Nach meinem Spiel erinnerte ich mich übrigens wieder und schaffte das Ganze wie am Schnürchen). Ich bat Wilhelm um Hilfe, doch auch er wurde sichtlich nervös. Zwei Uhren fehlten noch. Alle vier Mannschaftskämpfe waren inzwischen von Stani freigegeben. Jetzt bat ich den nicht begeisterten, weil mit seiner Eröffnung beschäftigten Andreas, auch die restlichen zwei Uhren zu stellen. Zwei? Nun plötzlich fehlte eine: die für mein Brett 1. Ich sagte dem Gegner, Guenter Tschirner, zu, die Zeit, die er mangels Uhr nicht zu meinen Lasten in Gang setzen konnte, später zu übernehmen. (Dabei graute mir allerdings schon innerlich vor der dann notwendigen manuellen Einstellung des Zeitabzugs). Inzwischen war der fehlende weiße Springer irgendwoher beschafft worden. Doch eine weitere elektronische Uhr war nicht mehr aufzutreiben. Ich hetzte durch das ganze Haus, das mir plötzlich so leer vorkam. Auch in der Bibliothek wurde ich nicht fündig. Und dann entdeckte ich beim zweiten Hinunterhasten unten eine dritte Art von elektronischen Uhren, die jemand inzwischen dort hingestellt hatte. Sie hatten ein tolles Design wie Requisiten für einen Science-Fiction-Film, aber hier war für mich schon der Power-Schalter unergründlich. Ich fragte oben Frank Palm, der mir fast panikartig auswich, dann andere, die mich auf wieder andere verwiesen, die aber nicht anwesend waren und … hatte nun endlich den rettenden Gedanken an mechanische Uhren.

Doch war da nicht was aus Helges Vortrag? Etwas mit Einheitlichkeit der Uhrenausstattung? Wen konnte ich oben fragen? Alle Kandidaten spielten schon. In meiner Hilflosigkeit erkor ich Jones, der bereits hochkonzentriert bei der Sache war, als mein Opfer aus. Würde er nicht wegen des Sekt oder Selters-Turniers vor einigen Jahren, wo ich ihn in beiderseitiger Zeitnot durch ein störendes Missverständnis spielentscheidend aus der Fassung brachte, schon immun gegen meine Zumutungen geworden und in der Lage sein, die Situation verständnisvoll und gelassen zu nehmen? Wie zu erwarten, lag ich damit falsch, und Jones deutete mit der Gestik des Ungehaltenenseins an, dass er spiele und es natürlich keine Probleme mit dem Uhreneinsatz gebe. Inzwischen war ich auch selbst darauf gekommen, dass hier ohnehin ein Notfall vorlag und ich mir schon deswegen einfach eine mechanische Uhr schnappen durfte.

Der Spielverlauf

Ich begann also endlich und stellte zu meinen Lasten einige Minuten, ich weiß nicht mehr genau, ob 10 oder 20, vor und zog. Doch schon hatte ich wieder Grund mich umzusehen: Hanns Schulz-Mirbach betrat den Raum, und was hatte er in der Hand? Eine Hand voll elektronischer Uhren und zwar die gebräuchlichen! Jetzt wurde mir klar, dass ja auch ein Turnier wie „Kiek mol wedder in“ elektronische Uhren benötigt und ich dort nur hätte suchen und evtl. fragen müssen. Es war also gar nicht so, dass es für 32 Spieler nur 31 elektronische Uhren gab, sondern der Rest der Uhren war schlicht im Einsatz gewesen. Mein Glaube an die Materialausstattung des HSK war wieder hergestellt.

Nach weiteren 5 Minuten wurde es ruhiger an meinem Brett 1, denn die mechanische Uhr tickte nicht weiter. Aufziehen ließ sie sich auf meiner Seite nicht, es fehlte schlicht die rettende Schlüsselschraube, und feinmechanisches Werkzeug war nicht griffbereit. Also her mit einer neuen Uhr, kurzer Blickkontakt mit dem verständnisvollen Gegner bezüglich Zeitübertragung, und es konnte wieder weitergehen.

20.15 Uhr meinte Guenter, in meiner kleinen Kombination, die zu einem Bauerngewinn führte, ein Loch gefunden zu haben. Er hatte in der Tat einen Zug weiter gerechnet, dabei jedoch übersehen, dass die von ihm geplante Antwort einen Läufer oder gar einen Turm einstellte. Er hatte den Läufer, mit dem er triumphieren wollte, bereits angefasst, bemerkte dann den Fehler und gab auf. 1:0 für uns. Ein paar Minuten später trennten sich Georg Walter und sein Gegner friedlich mit ½ zu ½. Jedes Weiterspielen hätte seine Stellung verschlechtert. Für eine Stunde konnten wir die Führung gegen den klaren Favoriten genießen.

An Brett 5 hatte sich Helmut mit seinen Bauern den Blick auf die gegnerischen Freibauern verstellt. Mit einer Minusdame gegen Läufer kämpfte Helmut noch eine Zeit lang gegen den ratlos wirkenden Gegner. Dieser versuchte, Helmuts König, der seinen Läufer eng bei sich behielt, alleine mit Läufer und Dame matt zu setzen, was misslingen musste. 21.50 Uhr gab sich Helmut dann doch geschlagen, es gab ja auf beiden Seiten auch noch Bauern. Zuvor, 21.35 Uhr, hatte bereits Wilhelm auf tragische Weise an Brett 3 verloren: Sein Gegner hatte ihm Remis angeboten, alle Schwerfiguren waren noch auf dem Brett, Wilhelm schaute in mannschaftsdienlicher Weise zu mir, und ich schüttelte sofort energisch den Kopf: Es war ja unzweifelhaft, dass Helmut verlieren würde, und mehr als unentschieden in den anderen Spielen konnte ich nicht erkennen. Eher sah es teilweise noch schlechter aus (Liliana, Ole) – was ja bei fast stets zwischen 100 und 200 DWZ-Unterschied auch nicht überraschend war. Pflichtgemäß, aber schweren Herzens lehnte Wilhelm das Remis-Angebot ab – und verlor dann leider nach Damentausch im nächsten Zug und einigen Zügen später Material. Der Raum für seine Türme vor der gegnerischen Bauernwalze war zu eng geworden.
Es ging mir selbst auch schon oft so nach von mir (oder von Rolf als damaliger MF in Großhansdorf Ende Januar 2015) abgelehnten Angeboten ähnlich: Nach der Remis-Ablehnung, dazu noch der „unfreiwilligen“, ging es dann bergab. Daher tat mir Wilhelms Spielverlust besonders leid und ich fühlte mich mit verantwortlich. Marianne an Brett 4, zu deren Spielsituation ich nichts sagen kann, vereinbarte 21.40 Uhr Remis, ebenso Andreas an Brett 7. Er hatte einen Minusbauern bei beiderseitigem Turm und Läufer sowie einen besser gelisteten Gegner. Er konnte froh sein konnte, so davon gekommen zu sein, und war es auch.

An Oles Brett 6, das nun von einer großen Traube umlagert wurde, sah zunächst alles nach einer HSK-Niederlage aus. Sein Gegner hatte einen Freibauern, an dem Oles König klebte. Ole selbst hatte auch einen Freibauern, der aber leicht aufgehalten werden konnte. Ole entschied sich dennoch mit nur noch wenigen Minuten auf der Uhr unbekümmert für eine Freibauern-Offensive, und das war letztlich unter psychologischen Gesichtspunkten richtig: Dietrich Krüger wurde trotz viel Zeit auf seiner Uhr offenbar nervös, setzte auf Oles zweiter Reihe seinen matt-gefährlichen Turm ein Feld zu früh ab und stellte ihn damit ersatzlos ein. Er wedelte noch bedauernd mit dem Turm, demonstrierte seinen Gewinn und gab dann (23.00 Uhr) aber auf. Gleichwohl beklagte er sich anschließend bitter, nicht die Stellung mit Ole freundschaftlich weiterspielen zu können. Doch Ole hatte bis Pinneberg noch einen weiten Heimweg und war begreiflicherweise insoweit nicht mehr motiviert. Wer Dietrich kennt, weiß, wie großherzig und liebenswürdig er ist, und vor allem weiß, wer ihn als Spielpartner kennt, er zu schätzen, dass er im Unterschied zu leider vielen anderen immer regelkonform die Uhren immer mit den Fingern statt (bei Schlagfällen) mit den Figuren drückt und sich auch sonst vorbildlich fair verhält. Doch nach diesem krassen mechanischen Versehen war es für Dietrich schwer, seine Enttäuschung privat zu halten, und der ganze Spielsaal horchte interessiert auf.

Liliana musste an Brett 8 mit einem schon längere Zeit entbehrten Minusturm um 23.15 Uhr den Punkt abgeben. Wiederum unterlagen wir also wieder unerwartet knapp einem sehr viel höher gewerteten Gegner. Objektiv betrachtet sehr respektabel, aber doch auch unter zum Teil unglücklichen Umständen, die unsere Zufriedenheit schmälern.



Dieter Floren

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