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B-Klasse 3: „Drei alte Hasen gegen sieben junge Wilde“

„Will man den starken Jugendlichen entgehen und am Freitag lieber die heiße Turnieratmosphäre als Zuschauer genießen, dann weicht man beim Klubturnier gerne auf den Dienstagtermin aus.“ Diese Weisheit von Andreas Albers zu Beginn seines B1-Vorjahresberichtes hätte ich besser eher gelesen, dann hätte ich alter Hase nicht jede Partie auskämpfen müssen. Aber dann hätte es auch nicht so einen Spaß gemacht!!
Das Teilnehmerfeld war mir als HSK Neuling bis auf Willie Rühr, mit dem ich bereits vor siebzehn Jahren zusammen für Post Lübeck spielte, total unbekannt. Drei erfahrene Schachspieler hatten sich mit sieben Nachwuchsspielern zu messen.
Nach dem HSK Open 2005 als inoffizieller ELO- und DWZ-Bester wollte ich um den Aufstieg mitkämpfen. Doch mit wem ich mich darum direkt messen mußte, wußte ich zu Beginn dieses bis zum letzten Wimpernschlag spannenden Turniers noch nicht. Nach 6 Runden hatte ich bereits zwei Partien nachzuholen und schon 1,5 Punkte abgeben. Da Leo bis dahin hervorragende 5 aus 6 vorlegte (nach den Worten seines Trainers Merijn hatte er nur in der Partie gegen Milana seine Hausaufgaben nicht gemacht und sich dabei in nur 25 Zügen mit Schwarz auf a4 mattsetzen lassen!), wußte ich somit bereits nach 4 Runden bzw. Ende Oktober, daß Leo derjenige war, der die Marschroute vorgab.
Dass die Jugendlichen meist noch kein aussagekräftigen DWZ/ELO-Zahlen haben, ist bekannt. Rashed meinte anderseits dagegen, daß er es interessanter gefunden hätte, gegen mehr Erwachsene zu spielen, da er gegen seinesgleichen ständig spielen kann. M.E. wäre für alle eine ausgewogenere Verteilung zwischen Jung und Alt besser gewesen.
Die einzige Chance war nun für mich, der Jugend Routine und Ausdauer entgegen zu setzen. Hier und da mit ein wenig Glück gelang mir dies zumeist auch. Ich mußte zwar nur in einer Partie (gegen Sergius) der Jugend Tribut zollen, da auch ich meine Hausaufgaben nicht gemacht hatte (in einer Königsindisch-Variante, die ich zuvor gegen Florian selbst mit Weiß auf dem Brett hatte, vergaß ich die noch frischen Analysen und verlor glatt).
Doch bevor ich von meinen zwei spannendsten Kämpfen gegen die Jugend berichte, vorab eine kurze Analyse eines Kampfes zweier alter Hasen.

Partie (pdf-Format)

Nicht vergessen werde ich die Nachholpartie gegen die erst 12-jährige Milana, die 2005 bei den Jugend-WM in Frankreich war und die ich deshalb nicht unterschätzen durfte. Wir hatten uns für diese Partie an einem Samstag um 15 Uhr im Klubhaus verabredet und waren total überrascht, dass uns Tera Siregar zuvorgekommen war und dort gegen Abend zu einer indonesischen Weihnachtsfeier einlud. Wir kämpften somit zwei Zeitnotschlachten mit indonesischer Musik - auch was Neues!

Partie (pdf-Format)

Da Leo seine vorletzte Partie gegen Sergius remisierte, war die Ausgangslage klar: Die 9. und letzte Runde ergab ein echtes Endspiel zwischen Leo und mir!
Folgende Ausgangslage ergab sich: Florian konnte bei einem Sieg gegen Milana nur noch auf 6 Punkte kommen (in dieser Partie hatte er früh eine Mehrfigur, aber Milana kämpfte stark und ergatterte sich noch ein Remis), Leo reichte ein Remis mit Weiß gegen mich, während ich gegen ihn gewinnen mußte. Ohne diese Konstellation wäre übrigens evtl. eine Regelungslücke in der TO zur Geltung gekommen, die mir aufgefallen war: Bei Punktgleichheit besagte die TO nämlich nur für die C bis E-Klasse, daß die Feinwertung relevant sei. Eine entsprechende Regelung für die A und B-Klasse fehlte.
Doch nun zum Endspiel, welches wir auf Wunsch Leos bereits einen Tag vorher am Donnerstag, sozusagen unter Ausschluß der Turnierkollegen, spielten. Wie gewinnt man gegen einen Jugendlichen mit Schwarz? Eine Frage, die ich bis zum ersten Zug nicht so recht beantworten vermochte. Der Standardplan ist einfach: Dem Gegner unbekannte Nebenvarianten servieren, wenig tauschen, aber auch nicht bunkern und, wenn möglich, die Erfahrung ausspielen. Leicht gesagt, seht bitte selbst, was passierte:

Partie (pdf-Format)

Am Ende wurde mein ständiger Kampf gegen die vielen Remisangebote, die ich in fast allen Partien mehrfach erhielt, mit dem Aufstieg belohnt. Ein wenig Glück und ein wenig Zocken in der letzten Partie gehörte halt dazu. Aber ich habe fast immer versucht alle Partien auszuspielen.

Als Fazit bleibt zu sagen, daß mir das Klubturnier sehr gut gefallen hat, insbesondere die Stärke aller Jugendlichen hat mich sehr positiv überrascht, und ich frage mich daher, wie lange ich alter Hase dem noch standhalten werde? Was ich aber im Vergleich zu den Mannschaftskämpfen vermißte, sind die so vielen mir schon bekannten Gesichter! Für spannende neun Tage im Jahr sollten doch mehr Zeit finden!

Michael Lucas

 

Foto oben: Michael Lucas beim Hamburger Schachfestival, das für ihn dank der letzten Partie ja auch beim Klubturnier weiterlief. Zugegeben: Das Photo ist weniger scharf als seine Analysen

Leo hat ein sehr gutes Turnier gespielt: Er wird es aushalten, dass ausgerechnet seine beiden Verlustpartien veröffentlicht werden: Wer noch stärker werden will, muss Niederlagen verarbeiten können. Und Leo wird mir verzeihen, dass ich diese Partie an Michaels Bericht noch anhänge, sie darf einfach nicht fehlen!

Partie Milana Smolkina - Leo Meise (pdf-Format)

(Text: Christian Zickelbein)
Foto: HSK

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