Was gibt es aus dem Klubturnier 2005 zu lernen?
Ein Rückblick als Ausblick
30 Seiten Berichte über das Klubturnier
2005 sind geschrieben, davon stammen 17 Seiten der Berichte über sieben Gruppen von
sieben Teilnehmern am Turnier, einige Seiten mit Tabellen vom Turnierleiter - als
Redakteur bedanke ich mich für die gute Mitarbeit der Chronisten ihrer Turniergruppen
oder ersten Wettkampferfahrungen und schreibe nun, wie es so meine Art ist, als letzte
Seiten über das Klubturnier die ersten, nämlich die Einleitung in diesen Teil unserer
ersten Zeitung des Jahres, in dessen letztem Quartal das nächste Klubturnier stattfinden
wird. Für dieses Turnier gilt es zu lernen.
Meine Lust zu lernen und weiterzugeben, was ich gelernt zu haben glaube, ist insbesondere
beim Schreiben des Berichtes über die Chaosgruppe B2 als Beispiel
schon mit mir durchgegangen. Ich bitte also die Leser, die Interesse für meinen
Rückblick als Ausblick haben, auch dort nachzulesen.
Beginnen möchte ich mit einem Zitat aus
Michael Lucas Bericht aus der B3: Als Fazit bleibt zu sagen, daß mir das
Klubturnier sehr gut gefallen hat [
] Was ich aber im Vergleich zu den
Mannschaftskämpfen vermißte, sind die so vielen mir schon bekannten Gesichter! Für
spannende neun Tage im Jahr sollten doch mehr Zeit finden!
Dieser Appell dringe über die Augen der Leser in ihre Herzen - und in ihr
Schachbewusstsein! Hier schreibt einer derer, die in unseren Leistungsmannschaften spielen
und sich starke Partner wünscht, sich und auch unseren Jugendlichen, die starke Gegner
für ihre Entwicklung brauchen.
Aber es wird von Jahr zu Jahr schwerer, die starken Spieler aus der 2. Bundesliga, der
Oberliga (wenn wir sie denn wieder haben werden!) und der Landesliga in das Klubturnier zu
bekommen. Wir haben bisher mit Geldpreisen in der Titelgruppe bzw. früher in der
Meisterklasse zwei, drei Spieler angezogen, die im nächsten Herbst vielleicht
auch nicht mehr mitspielen werden, wenn wir denn vermutlich die Geldpreise aus
Etatgründen aus der Turnierordnung streichen. Natürlich könnten Mitglieder auch Preise
als Anreize für die Beteiligung am Klubturnier stiften, aber ich hoffe, dass auch
Michaels Appell an die Gemeinschaft und die Einsicht, dass Praxis auch eine gute
Vorbereitung auf die Mannschaftskämpfe bedeutet, das Interesse am Klubturnier wieder
steigern können.
Ohne dass ich jetzt statistisch genau belegen könnte oder wollte, wie viele Rücktritte es in diesem Jahr gegeben hat, wie viele Partien kampflos entschieden worden, wie viele aufgrund einer verspäteten Absage nur dank der freundlichen Zustimmung des Partners doch noch gespielt werden konnten, wie viele Partien auf einen anderen als den vorgesehenen Spieltag verschoben worden sind, scheint mir klar, dass die Turnierdisziplin - diesen Begriff halte ich nicht für ein Schimpfwort, sondern für eine Zusammenfassung wichtiger Voraussetzungen für ein gutes Miteinander in einem Schachturnier - im Vergleich zu früheren Jahren gelitten hat. Immer mehr Teilnehmer am Klubturnier scheinen vor allem an sich selbst zu denken und die verführerische Möglichkeit, ihren Partnern drei weitere Spieltage im HSK Schachzentrum als Alternativtermine vorschlagen, bedenkenlos zu nutzen. Auf diese Weise werden einige Mitglieder, die auf einen bestimmten Spieltag fast angewiesen sind, in vielleicht doch vermeidbare Schwierigkeiten gebracht, und nicht zuletzt wird auch die Einheit einer Turniergruppe zerrissen. Die Organisatoren des Turniers bemühen sich, die Partien der Gruppen nebeneinander aufzubauen, so dass jeder Teilnehmer das Turniergeschehen in seiner Gruppe verfolgen und seine Gegner und Partner (!) kennen lernen kann. Wenn aber die Bretter häufig leer bleiben, weil die Partien verlegt werden, ist das nur begrenzt möglich.
Es wäre schön, wenn die aktiven Spieler im Turnier auch die Turnierleitung und ihre Mitarbeiter bei ihrer Vorbereitung der Runden und bei ihrer Dokumentation der Partien unterstützten. Auch unter diesem Aspekt gab es große Unterschiede zwischen den Teilnehmern und den einzelnen Turniergruppen: Neben vorbildlichen Gruppen gab es solche, in denen schon nach wenigen Runden kaum noch ein Überblick hergestellt werden konnte. Die Datenbanken aller Gruppen weisen große Lücken auf: Sind die Partien nicht abgegeben worden? Sind sie unter Bergen von Papier vergraben worden? Auf keinen Fall ist jemand aus dem Team der Mitarbeiter auf die Idee gekommen, sie zu ordnen und abzulegen, wie wir das beim Hamburger Schachfestival getan haben. Auch die Kommunikation zwischen den für die Organisation Verantwortlichen muss verbessert werden: Anweisungen der Turnierleitung und des Vorstandes sollten befolgt werden, sie dürfen nicht vernachlässigt oder gar, mit welchen Argumenten auch immer, in den Wind geschlagen werden. Wir werden zum Herbst Regeln für die Kommunikation zwischen Verantwortlichen und Teilnehmern, aber auch innerhalb des Organisationsteams (wie sie ja schon bestehen) aufschreiben - und erbitten Vorschläge und Anregungen auch in dieser Frage.
Meine gelegentlich schon geäußerte
Kritik am laufenden Klubturnier, an seinen Unregelmäßigkeiten im Ablauf und den
Verspätungen bei der Veröffentlichung der Ergebnisse im Internet, hat zu Gesprächen
geführt, die vor allem von zwei Gesichtspunkten bestimmt waren.
Einmal wurde erklärt, dass Schwächen in der Organisation und Unregelmäßigkeiten der
Teilnehmer eine Wechselwirkung erzeugen, deren Dynamik für das Vergnügen der Teilnehmer
an einem Turnier fatal ist. Zum anderen haben, insbesondere die (freiwilligen
gemeinnützigen) Mitarbeiter Ideen genannt, die das System des Klubturniers verändern.
Frank Palm hat vorgeschlagen, nach dem Schweizer System zu spielen, damit in einer großen
Gruppe ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen kann wie beim Hamburger Schachfestival.
Ich halte dieses System für ein von Woche zu Woche stattfindendes Klubturnier für gar
nicht praktikabel - es sei denn um den Preis, dass nur noch mitspielt, wer sich den
strengen Regeln eines solchen Turniers unterwerfen kann. Und ich möchte nicht weniger
Teilnehmer im Klubturnier, sondern eher noch mehr.
Thomas Stark hat vorgeschlagen, die (starre) Auf- und Abstiegsregelung aufzugeben und die
Gruppen mit zehn Spielern nach ELO und DWZ zu bilden und dabei die bisher annähernd
gleichstarken Parallel-gruppen in den einzelnen Spielklassen B, C, D und E aufzugeben. Er
geht davon aus, dass dieses System gerade für stärkere erwachsene Spieler attraktiver
sein könnte. Sicher ist dies ein interessantes (auch bei den Schachfreunden Hamburg
ähnlich praktiziertes) alternatives Konzept, das wir erörtern sollten - auch im Hinblick
auf die (von Thomas schon bedachte) Frage, wie vermieden werden kann, dass eine andere
starre Struktur nur das alte Schema ersetzt.
Wesentlicher aber als jede mögliche und
vielleicht auch nützliche Veränderung des Turniersystems scheint mir die
Verbesserung der Zusammenarbeit aller Beteiligten - Organisatoren, Helfer und
Teilnehmer. Wir haben noch nicht begriffen, was alles das Klubturnier für die Spielkultur
im Klub leisten könnte, wenn wir denn unsere Ressourcen mit Fantasie und Logik nützten.
Wenn von Runde zu Runde die Dokumentation im Internet immer up to-date wäre, wenn von
Woche zu Woche ein Mini-Aktuell mit einigen Partien, Positionen, Photos und
auch ein bisschen Text erschiene, wenn Trainer die Partien von Woche zu Woche im Hinblick
auf Lernanlässe und die Verbesserung der Spielstärke der Teilnehmer auf
unterschiedlichem Niveau sichteten und an einem turnierfreien Spieltag kurzfristig
bestimmte Themen anböten - natürlich könnten Trainer wie auch Teilnehmer auf diese
Weise beiläufig Beiträge zum Mini-Aktuell leisten -, dann würden viele
Turnierteilnehmer mehr miteinander analysieren und darüber hinaus ins Gespräch kommen,
dann entstünde ein ganz neues Turniergefühl für die Teilnehmer und für die
Organisatoren, alle hätten mehr Freude und nähmen zugleich das Turnier ernster, könnten
lernen, ihre Gegner als Partner zu sehen. Vermeintliche Realisten halten meine Vorschläge
sicher für utopisch, aber ich bin sicher, dass die Möglichkeiten, die sie eröffnen,
gerade in unserem Klub verwirklicht werden können, wenn wir uns denn alle Mühe geben und
sich ein Team findet, in dem jeder zu seiner Verantwortung für einen in der Planung
verabredeten Arbeitsbereich steht - und alle miteinander das gemeinsame Ziel sehen.
In diesem Sinne hoffe ich bis zum 19. Februar auf fruchtbare Anregungen oder auch Wünsche
zur Organisation des nächsten Klubturniers, dessen Termine wir in unsere Jahresplanung
unseres Schach-wartes Hans Christian Stejskal schon im nächsten AKTUELL2/2006 im März
veröffentlichen werden.
(Text: Christian Zickelbein)