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Die Nummer 3, die Nummer 3, die Nummer 3 in Deutschland sind wir!!!

Bronze für das HSK U16 Team bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin

 

Nach den besinnlichen Tagen der Weihnachtszeit und vor der ganz großen Party am Silvesterabend heißt es für die talentiertesten Jugendlichen des Landes immer noch einmal: Volle Konzentration und Gas geben. Die Deutschen Vereinsmannschaftsmeisterschaften in allen Altersklassen finden zwischen den Jahren statt und so darf immer auch unsere Jugendabteilung noch mal Figuren schieben. Mit dem Titel des Norddeutschen Meisters (errungen in Magdeburg, im September) im Rücken, fand sich am 26.12. das U16 Team um Frank und Arne Bracker, Florian Held, Malte Colpe und Leo Meise am Hauptbahnhof ein, um gemeinsam mit dem ebenfalls qualifizierten SKJE und unserer eigenen U20 Mannschaft nach Berlin zu fahren. Das Klubturnier war für unsere Jungs gut bis sensationell gelaufen und so hatten wir uns mutig vorgenommen, mindestens eine Medaille zu holen und nach den Sternen zu greifen. Eine extra Motivationsspritze brachte noch der Überraschungsbesuch von Jan Gustafsson am Bahnhof, der seinem Schützling „Junior“ Malte Colpe viel Erfolg wünschte und mit der neuesten Software versorgte, bevor er wieder zu einem Pokerturnier entschwand.
Die sehr zentral gelegene Berliner Jugendherberge beherbergte uns vorzüglich und da sogar unser Spielort im Hause war, blieben uns wirklich kaum Ausreden für einen eventuellen Misserfolg. In Berlin stieß auch unser Co-Trainer Björn Bente zu uns, der bereits beim Klubturnier mit den Jungs Freundschaft geschlossen hatte und somit sowohl schachlich als auch menschlich eine große Bereicherung für unser Team war. Die Setzliste führte uns auf Rang 4, einen Platz hinter unseren Freunden von SKJE, was uns ja nun doch etwas wurmte, andererseits zeigte, das wir mit unseren Medaillenträumen nicht allzu weit von der Realität entfernt waren. Topfavoriten waren die an Position 1 gesetzten Bayern aus Großenseebach, die ebenfalls mit zwei Teams und einigen Familien angereist waren, insgesamt sollen 26 Bayern vor Ort gewesen sein, ich kenne Großenseebach nicht, aber wer passte zu Hause auf das Hab und Gut auf?
Nach unserer Einschätzung waren aber die knapp dahinter gesetzten Dresdener noch stärker zu beachten. Die Schüler des Sportgymnasiums Dresden haben Schach als Unterrichtsfach in der Schule und ihr Trainer David Lobshanidze hatte Robin und mir bei unserem gemeinsamen Trainerlehrgang sehr interessante Einblicke in dieses Projekt gegeben. Immerhin spielte WM Teilnehmerin Elena Winkelmann an Brett 3, da mussten wir uns schon was einfallen lassen.

 

Zuerst standen aber die Pflichtaufgaben gegen schwächere Teams auf dem Programm. Der erste Tag wurde souverän mit 3,5-0,5 und 3-1 gegen Mainz und Tamm bewältigt, nur Frank ärgerte sich, dass er in besserer Stellung einzügig eine Figur einstellte, sonst wäre sogar noch mehr drin gewesen.
Und dann ging es auch schon los, das große Lokalderby gegen SKJE, immer wieder eine nervenaufreibende Begegnung, die aber immer von großer Fairness geprägt ist. Die Spieler mögen sich ebenso wie die Betreuer und man bekämpft sich immer bis aufs Letzte am Brett und geht danach gemeinsam zum Essen. Wir hatten beschlossen, Malte aussetzen zu lassen, der ab sofort die Motivation übernahm und mit abgewandelten HSV Fangesängen immer wieder für den notwendigen Kick sorgte: „Die Nummer 1, die Nummer 1, die Nummer 1 im Norden sind wir!!!!“ In Magdeburg hatten wir noch knapp gewonnen, aber diesmal deutete sich doch wieder das Standardergebnis an: Ein hart erkämpftes 2-2. Florian hatte gegen Wesal Moshtael wohl nie ganz ausgleichen können und sah sich zu einem Verzweiflungsopfer gezwungen. Frank hatte gegen Supertalent Niclas Huschenbeth wieder einmal relativ wenig Probleme, eine schöne Stellung zu erreichen, der Kerl liegt ihm einfach. Doch dann verlor Frank ein wenig den Faden und wurde von Niclas sehenswert überspielt.
0-2 und zwei vorteilhafte Stellungen, die aber auch erst mal gewonnen werden mussten. Doch Arne und Leo lösten ihre Aufgaben souverän und so war das Unentschieden perfekt, das uns beiden weiterhalf, warteten nun doch die großen Teams auf die geballte Hamburg-Power. Auch die Frage nach der Nummer 1 im Norden war somit vertagt und begleitete uns den Rest des Turniers. Dresden hatte, wie erwartet, das Duell gegen Großenseebach souverän mit 3-1 bestanden und schien einsam davon zu ziehen.

 

In der 4. Runde bekamen wir jedoch erst mal die Bayern zugelost, eine reizvolle Aufgabe, aber auch nicht gerade einfach, nur eine Stunde nach dem SKJE Duell.
Nach zwei Stunden kamen Björn und mir die ersten Zweifel, ob es hier viel zu erben geben würde. Frank hatte gegen den starken David Schneider eine schlechte Stellung zu verteidigen, Florian hatte zwar sein vorbereitetes Figurenopfer auf dem Brett, aber leider auch einen bestens aufgelegten Gegner, der sich sehr genau verteidigte und immer wieder den Kopf aus der Schlinge zog. Malte musste sich ebenfalls komisch hinstellen und Leo hatte ein sehr interessantes Bauernopfer am Brett entdeckt, allerdings ging auch hier so langsam die Kompensation flöten. Doch während Florian und Leo ihren Gegnern gratulieren mussten, zeigte Malte mal wieder, was er für ein brandgefährlicher Konterspieler ist. Plötzlich öffnete sich die Stellung, alle Figuren spielten zusammen und es musste nur noch der Sack zugemacht werden, nur noch ... In beiderseitiger Zeitnot begann Malte plötzlich, für die Galerie zu spielen, übersah einen Abzug und ein folgendes Dauerschach. Dieses hatte allerdings auch sein Gegner nicht auf der Rechnung, so dass Malte wenig später die selbe Stellung auf dem Brett hatte, nur mit einem Turm weniger. Dass diese Stellung immer noch gewonnen war, zeigte, wie gut sie vorher gewesen sein muss:

 

Linsenmeyer,Mario (1930) - Colpe,Malte (1937)
DVM U16 2005 Berlin (4.3), 28.12.2005
[A.A.]

 

39...Tad8??

 

 

"ich hab mich selbst verarscht!" gestand Malte nach der Partie. Er hatte fast alle Springerabzüge berechnet und dabei leider einen übersehen. 40.Sd7+! nun kann die Dame leider nicht wie geplant geschlagen werden. 40...Kg8 41.Sf6+ Kf8 42.Dxd8+?? Natürlich war Mario glücklich, einen ganzen Turm gewinnen zu können, aber weder er noch Malte hatten gesehen, was Niclas Huschenbeth blitzschnell gerechnet hatte, Dauerschach! [42.Sh7+! Txh7 43.Dxd8+ Kg7 44.Df6+ und wir hätten das Match verloren.] 42...Kg7 43.Dd4 nun haben wir fast die selbe Stellung, die wir auch schon mit einem Turm auf a8 hatten. Jetzt bitte nur nicht Td8 (kleiner Scherz) 43...Dxh2+ Jetzt zeigt Malte, dass er doch sauber punkten kann. 44.Kxf1 Dh1+ 45.Kf2 Th2+ 46.Kg3 Tg2+ 47.Kf4 Dh2+ 48.Ke3 Dg3+ 49.Lf3 Dxg5+ 50.Df4 Dxf4+ 51.Kxf4 Txb2 52.Se8+ Kf8 53.Sxc7 b6 54.a4 Lc2 55.Sb5 Ta2 56.Ke5 Txa4 57.Ld5 Ta5 58.c4 Ke7 59.Sd4 La4 60.Sf5+ Kd7 61.Kf6 Tc5 62.Lxf7 Lb3 63.Le6+ Kc7 64.Se3 b5 65.cxb5 Lxe6 66.Kxe6 Txb5 67.Sd5+ Kc6 68.Sc3 Tb3 69.Se4 a5 70.Ke5 a4 71.Kd4 Tb4+ 72.Kd3 Txe4 0-1

 

Malte Colpe

 

Ebenfalls in der Zeitnot entschied sich auch das Duell an Brett 1. David Schneider opferte etwas voreilig einen Bauern für einen Mattangriff, doch Frank behielt die Nerven, verteidigte sich sehr genau und als der Rauch verzogen war, blieb David nur noch die Aufgabe. Puh, das war gerade noch mal gut gegangen, zweimal 2-2 nach 0-2 Rückstand und zumindest in der letzten Runde war das Glück wirklich auf unserer Seite.
Aber noch war bei dieser Meisterschaft alles drin, wir hatten zwar zwei Punkte Rückstand auf die souverän führenden Dresdener, aber es war klar, dass der folgende Tag das Hamburger Doppel für die Elbstädter werden sollte. Erst mal durften wir uns messen und weich klopfen, danach sollten die Eppendorfer ordentlich nachwaschen, dann hätten wir gute Chancen auf den Hamburger Doppeltitel.

 

Am nächsten Morgen galt es, wir hatten beschlossen, Florian Held aussetzen zu lassen und Malte gegen den gleichaltrigen Deutschen U12 Meister Felix Graf antreten zu lassen. Zwar war diese Begegnung die einzige, in der wir nie die Füße auf den Boden bekamen, aber an den anderen Brettern waren wir verhalten optimistisch. Frank war gegen Nationalspielerin Evgenija Shimirina ohne Probleme aus der Eröffnung gekommen, Arne hatte den Harakiriangriff von Elena Winkelmann kühl abgeblockt und spielte bald selbst auf Gewinn und auch Leo hatte wenig Probleme. Nach Maltes Aufgabe und einem sich immer mehr abzeichnenden Punkt bei Arne bekam Leo ein Remisangebot, das uns schon beinahe das 2-2 sicherte, da Frank seine Stellung nicht verlieren würde. Aber wir beschlossen, uns nicht ohne Kampf in das Unentschieden zu fügen und Leo versuchte, zu kämpfen, nur so konnten wir aus eigener Kraft Meister werden. Im Nachhinein ist man immer schlauer, Arne verwandelte sicher zum Ausgleich und Frank spielte eine super Partie. Leo ließ sich leider überlisten und landete in einem nicht mehr haltbaren Endspiel. So hatten wir auch ein 2-2, aber mit dem möglichen halben Punkt an 4. Dieser Punkt geht auf das Konto der Trainer, aber wir haben es immerhin versucht.

 

Nun hatten wir alle vermeintlich starken Mannschaften hinter uns und mussten hoffen, aber vor allem erst mal wieder unsere Hausaufgaben machen. Beim Mittagessen merkte ich an, dass wir auch ruhig mal wieder in Führung gehen könnten, das war uns jetzt schon seit 3 Runden nicht mehr gelungen. Gesagt getan, gegen unseren Verfolger aus Brackel (in der Setzliste auch nur einen Platz hinter uns) zeigte Frank, dass er nicht nur mit Schwarz starke Leute niederringen kann, sondern brachte, mit einer Analyse von GM Zigurds Lanka, Leonid Zeldin in nur 15 Zügen zur Strecke. Doch wer dachte, nun würde Sicherheit einkehren, sah sich getäuscht. Alle drei Bretter standen nach drei Stunden schlecht bis breit. Doch wieder einmal zeigten die Jungs Kämpferqualitäten. Malte beschummelte seinen Gegner auf sehenswerte Weise und Florian verbiss sich so sehr in seine Stellung, dass sein Gegner ihm am Ende den halben Punkt überlassen musste. Zur gleichen Zeit hatte SKJE den Matchpoint auf dem Brett. Niclas Huschenbeth übersah auf halbem Gewinnweg einen Zwischenzug, der einen ganzen Turm kostete, zuviel gegen Shmimirina und zuviel gegen Dresden, die dann doch noch glücklich die Oberhand behalten konnten.

 

Für die letzte Runde bescherte uns das Los die SG Nordhorn-Blanke, die wir schon in Magdeburg mit 4-0 abgeschossen hatten, und die nun natürlich auf Revanche hofften. Für uns ging es um die Medaille - und zwar eventuell sogar um Silber, dazu musste ein erneuter 4-0 Sieg her und dazu mindestens 1,5 Brettpunkte von SKJE gegen Großenseebach, die sich mittlerweile wieder nach oben gespielt hatten. Es stand also Edelmetall, die Nummer 1 im Norden und dazu noch der Vergleich mit unserem U20 Team auf dem Spiel. Nach 6 Runden hatten wir lediglich 2 Brettpunkte weniger geholt als die „Großen“, und das aus nur 24 Partien (gegen 36 bei der U20).
In unserem Match kam nie wirklich Spannung auf, Frank war erneut nicht zu stoppen, brauchte diesmal immerhin 20 Züge zum Sieg und hätte sicher gerne noch drei Runden mehr gespielt. Malte und Arne lösten ihre Aufgaben auch souverän und Leo zeigte am Ende auch noch etwas für die Zuschauer:

 

Sanning,Nico (1609) - Meise,Leo (1862)
DVM U16 2005 Berlin (7.4), 30.12.2005
[A.A.]

 

 

Okay, alle weißen Bauern stehen auf der richtigen Farbe, aber dennoch ist es hübsch anzusehen. Leo fragte in dieser Stellung, ob er auf Gewinn spielen sollte und bekam von uns die Order: "Feuer frei!"44...Lxb4! entscheidet die Partie sofort. 45.cxb4 Kxb4 46.Lb6 c3 47.Kd5 c2 48.Le3 Kc3 49.Kd6 Kd3 50.Lc1 e3 51.Ke7 e2 52.Kxf7 e1D 53.Kxg6 Dxc1 54.Kxf5 Da3 55.e6 c1D 0-1

 

Leo Meise

 

Leider verlor SKJE um einen halben Brettpunkt zu hoch, so dass wir uns doch mit Bronze zufrieden geben mussten, aber auch das ist ein toller Erfolg. Wir haben sowohl auf norddeutscher, als auch auf deutscher Ebene kein Match verloren, die Dresdener, die völlig verdient Meister wurden, gehörig ins Schwitzen gebracht und konnten auf der Siegerehrung noch einen weiteren Preis in Empfang nehmen: Frank erhielt für seine sensationellen 5/7 an 1 den Brettpreis.
Es bleibt mir noch das Berliner Organisationsteam lobend zu erwähnen, die mit einer täglichen Zeitung, einer perfekten Homepage www.dvm2005.de, und einer schnellen Partienerfassung für ein perfektes Ambiente sorgten, vielen Dank an Oliver Hänsgen und sein Team!!!!
Ich selbst möchte mich auch noch ganz besonders bei HaChri Stejskal und meinem Co-Trainer Björn Bente bedanken, es war mal wieder super mit Euch, ist ja doch immer viel netter im Team!
Im nächsten Jahr müssen Frank, Florian und Arne ersetzt werden, aber mit Maltes Freunden Harout, Beini und Milana stehen die Nächsten ja schon in den Startlöchern und werden sicher auch wieder sehr erfolgreich sein.

 

Andi Albers

 

 

Frank Bracker

 

Arne Bracker

 

Florian Held

 

Fotos: Andreas Albers



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