Es geht zum Auswärtsspiel nach Farmsen. Der Papierform nach hat Farmsen eine schlagkräftige Mannschaft, und vor der Saison zählten die Farmsener wohl zum erweiterten Kreis der Aufstiegskandidaten. Nach vier Mannschaftskämpfen haben die Farmsener aber lediglich zwei lumpige Mannschaftspunkte und liegen in der Tabelle aufgrund der wenigeren Brettpunkte noch hinter uns. Dennoch ist Farmsen in diesem Mannschaftskampf klar favorisiert. Mit dem gegnerischen Mannschaftsführer ist es ein entspanntes Austauschen der Aufstellungen. Der Farmsener Mannschaftsführer wird nicht selbst spielen, kümmert sich aber in freundlicher Manier um das Organisatorische.
Wir gehen mit folgender Aufstellung in den Mannschaftskampf:
1. Jonny Skibb
2. Jörg Spreu
3. Omar El Khyari
4. Linus Advani
5. Dieter Wichmann
6. Astrid von Holten
7. Horst Feis
8. Rolf Lohkamp
Schon recht früh wird Feis‘ Gegner ein am Rand stehender Springer zum Verhängnis. Dem schwarzen Springer gehen die Rückzugsfelder aus und Feis kann das mit einem Bauernzug zum Figurengewinn ausnutzen. Zudem ist die g-Linie am schwarzen Königsflügel halb geöffnet und Feis hat Spiel gegen den gegnerischen König. Der Angriff ist zwar noch nichts zwingend Durchschlagendes, aber zusammen mit der Mehrfigur eine Gewinnstellung für Feis. Doch nachdem der Sieg schon fest umarmt zu sein scheint, zerfließt er. Im 32. Zug verliert Feis seinerseits eine Figur durch eine übersehene simple Abzugstaktik. Feis‘ Gegner Heinz Molsner ist dem Untergang nochmal entkommen, und in noch gehaltvoller, aber objektiv recht ausgeglichener Stellung wird das Remis vereinbart. 0,5 : 0,5 in der Mannschaftswertung.
Bei Omar El Khyari steht eine Karlsbader Struktur auf dem Brett. El Khyari mit weißer Bauern-Minorität am Damenflügel. Ausgespielt werden muss diese aber nicht mehr. Sein Gegner Ulrich Materne übersieht ebenfalls eine einfache Abzugs-Taktik und El Khyari gewinnt früh die gegnerische Dame. Strategische Überlegungen der feineren Klinge werden somit bedeutungslos. El Khyari holt in seiner dritten Partie den dritten Sieg. Mannschaftlich bringt er uns 1,5 : 0,5 in Führung.
Dieter Wichmann setzt mit d4 und späterem c4 seine weißen Bauern ins Zentrum. Sein Gegner Rainer Teuber spielt dagegen recht verhalten. Erst im 16. Zug wagt sich ein schwarzer Bauer mit …e5 auf die 5. Reihe. Drei Leichtfiguren-Paare tauschen sich ab. Die jeweils sieben Bauern verharren in recht starren Ketten. Wichmann mit etwas Raumvorteil, der Gegner wohl mit der etwas besseren Leichtfigur. Auf Bauern-Hebel oder sonstige Gewinnversuche wird verzichtet, und in einigermaßen ausgeglichener Stellung geht diese insgesamt recht friedfertig scheinende Partie ins Remis. 2:1 für uns.
Linus Advani kommt mit Schwarz spielend bestens aus der Eröffnung und hat keinerlei Sorgen. Bereits nach fünf Zügen schlägt das Pendel zu seinen Gunsten. Aber Genie und Wahnsinn liegen manchmal nah beieinander und im 10. Zug bahnt sich der Wahnsinn seinen Weg. Advani übersieht eine einfache Taktik (Doppelangriff) und muss zur Strafe einen Läufer verbrennen. Sein Gegner Klaus Böneke also mit Mehrfigur und am Ende mit dem Sieg. Farmsen gleicht damit zum 2:2 aus.
Des Gegners 1.c4 wird von Rolf Lohkamp mit schwarzem 1…c5 beantwortet und es kommt eine recht symmetrische Englisch-Stellung aufs Brett. Aus dem folgenden Manövrierkampf kommt Lohkamp mit leichtem aber schon sichtbarem Vorteil raus. Lohkamp kann einige Schwächen im gegnerischen Lager schaffen: Ein rückständiger weißer Bauer auf der halboffenen d-Linie. Daneben ein weißer isolierter Bauer auf der f-Linie und eine unsicherere weiße Königsstellung. Der Vorteil reicht aber nicht, um einen Gewinnweg zu ebnen. Lohkamps Gegner Carsten Lungwitz kann seine Stellung wieder zusammenflechten und die Stellung fährt sich wieder fest. Dame, Turm, ungleichfarbige Läufer und noch je ein halbes Dutzend Bauern stehen auf dem Brett, als in ausgeglichener Stellung das Remis vereinbart wird. 2,5 : 2,5.
Als ich bei Astrid von Holten aufs Brett gucke, sehe ich ein einigermaßen ausgeglichenes Endspiel. Aber ein Blick auf ihr Partieformular lässt Böses ahnen. Statt künstlerisch geschriebener Züge stehen nur schnöde Striche auf ihrem Partieformular. Zeichen einer erwürgenden Zeitnotphase. Und tatsächlich: Ihre Uhr zeigt weniger als 5min. Ihr Gegner Ronald Koepke mit komfortablen Vorsprung auf der Uhr. Vermutlich ist es dann auch der Zeitnot geschuldet, dass die ehemals ausgeglichene und eigentlich wenig komplizierte Stellung dann doch zur Ruine wird. Durch von Holtens Niederlage geht Farmsen erstmals in Führung. 2,5 : 3,5 gegen uns.
Meine Stellung gestaltet sich so ab dem 15. Zug als schwierig. Bei beiderseitig kurz rochiertem König und geöffneter h-Linie sehe ich dann auch noch Gespenster, wo vermutlich nur Schatten tanzen. Auf der Uhr siehts auch nicht besonders prickelnd aus. Trotz schwieriger Stellung spiele ich (Jörg Spreu) etwas schneller, um die gnadenlose Uhr ein wenig zu besänftigen. Dabei übersehe ich eine einfache Fesselungs-Taktik und verliere meinen wichtigen d-Bauern. Danach bröckelt meine ohnehin schon schwierige Stellung bis zum Zerfall. Mein Gegner Konstantin Abicht erhöht damit den Farmsener Vorsprung. 2,5 : 4,5 gegen uns.
Jonny Skibb spielt gewohnt offensiv. Skibb mit kurzer Rochade und mit nach g5 und h4 vorpreschenden Bauern. Aber weitere nennenswerte Feuerunterstützung fehlt. Die gegnerische Stellung steht solide und der Gegner bleibt weitgehend unbeeindruckt. Der Angriff verpufft. Material tauscht sich ab. Skibbs Gegner Heiner Sudmann steht mit Mehrbauern im Damen- und Leichtfigurenendspiel. Die Stellung ist schwierig für Skibb. Die offensiven Bauernvorstöße rächen sich. Einen zu freien Zugang gewähren sie zum eigenen König. Die schwarze Dame taucht auf Dg4 auf. Zusammen mit einem schwarzen Läufer und einem schwarzen Bauern auf f3 steht im Endspiel eine lästige Mattdrohung auf dem Brett. Skibb muss einen Springer geben, um das Matt abzuwenden. Skibb also mit Figur weniger und am Ende die Havarie. Endstand 2,5 : 5,5 gegen uns.
Die Niederlage als solches ist kein Drama. Zum einen werden wir trotz der Niederlage wohl die Klasse halten, zum anderen kann gegen starken Gegner schon mal verloren werden. Bitter ist allerdings das geringe schachliche Niveau, das wir diesmal teilweise gezeigt haben. Ende Mai haben wir unser letztes Ligaspiel gegen Sasel III. Da gilt es dann wieder, konzentriert zu spielen, um der Schachgöttin keine weiteren Tränen in die Augen zu treiben.
Link zur Bezirksliga D beim Hamburger Schachverband.
