Was sich wie verkürzte Tennissätze liest, ist das Ergebnis unseres Frauenbundesliga-Teams nach dem Wochenende in Dippoldiswalde – also recht erfolgreich. Ein Bericht in Wort und Bild.
Genau wie das 1. Bundesligawochenende im November begann das 2. Bundesligawochenende vorab mit einer kleinen Hiobsbotschaft. Kurzfristig musste ich Ersatz für eine erkrankte Spielerin finden und damit leider auch die zweite Mannschaft schwächen, die ebenfalls mit kurzfristigen Absagen kämpfte und letztendlich nur mit drei Spielerinnen nach Mülheim fuhr – umso erfreulicher der Punktgewinn gegen Delmenhorst!
Die volle Truppe war aber auch vonnöten in “Dipps” – so kürzen die Einheimischen ihren Ort ab, denn wir spielten gegen zwei Teams, die wir unbedingt schlagen mussten, um nicht im Abstiegskampf verwickelt zu werden. Der nominell starke Kader täuscht gewaltig, denn am Ende hängt alles davon ab, welche Spielerinnen man an die Bretter bringen kann. Dieses Mal war ich froh, dass es überhaupt sechs waren.
Das Schachzentrum Seeblick Dippoldiswalde liegt idyllisch in Paulsdorf, einem staatlich anerkannten Erholungsort mit 650 Einwohnern in Dippoldiswalde etwa 20 Kilometer südlich von Dresden. Bis zur sächsischen Landeshauptstadt ist man aus Hamburg fix und gerne mit der Bahn unterwegs (ich zumindest), aber von da an ist man ohne Auto aufgeschmissen, insbesondere wenn man zahlreiche Spielerinnen zu unterschiedlichen Zeiten abholen und zeitlich sinnvoll wieder wegbringen muss.
Das führte nach sieben Monaten mal wieder dazu, dass ich ein Auto mietete. Die Fahrzeuge von heute haben nur entfernt etwas mit meinem ersten Auto in den 90ern, einem klapprigen Opel Corsa, zu tun. Heute wird einem alles abgenommen. Das Licht geht automatisch an, das erlaubte Tempo wird angezeigt, beim Rückwärtsparken hat man eine Kamera (herrlich) und überhaupt alles automatisch. Viel falsch machen, kann man nicht. Man braucht nur zehn Minuten, um zu verstehen, wofür die vielen Knöpfe sind, wenn man zum ersten Mal in so einem Ding sitzt.
Am Samstag wartete die SG 1871 Löberitz als Gegner auf uns. Im Schachzentrum angekommen sah mich Markus Peglau verwundert an. Das männliche Oberhaupt der Familie wusste nicht, dass ich der Teamchef des HSK bin und fragte: “Was macht denn The Big Greek hier?” Markus und seine Gattin Adelheid leiten das Haus Seeblick mit viel Liebe und so wird man auch mit sehr viel Gastfreundschaft begrüßt. Das ganze Wochenende war äußerst angenehm mit Leckereien für alle Spielerinnen und Gäste und auch Erfüllung von Sonderwünschen! Zudem leistete sich Dippoldiswalde als einziger Gastgeber in der 3./4. Runde eine Liveübertragung der Partien. Mehr über die einzigartige Familie Peglau erfährt man in diesem Artikel.
Gegen Löberitz starteten wir klar favorisiert und gingen durch Siege von Lepu Coco Zhou und Stefanie Scognamiglio mit 2:0 in Führung.
Der Rest der Partien lief aber so schlecht, dass sogar eine Niederlage im Raum stand! Monika Socko hatte am Spitzenbrett einfach einen zentralen Bauern weniger und eine schlechte Stellung, Antonia Ziegenfuß spielte wie üblich kompromisslos und ließ einen gewaltigen Angriff ihrer Gegnerin zu, Judith Fuchs kämpfte zwar bravourös, doch ihre Bauernstruktur war schlecht und überließ ihrer Gegnerin leichtes Spiel. Ganz arg sah es an Brett 2 aus, wo sich Sarah Papp gegen Ilze Berzina verrechnete und mit Schwarz kurz vor der Aufgabe stand.
Weiß ist am Zug. Stockfish 17 zeigt Matt in 9 an! Unabhängig davon ist es offensichtlich, dass nach 26.Te1+ der schwarze König nicht lange überleben wird. Aber was machte Berzina? Sie vergaß den Läufer auf a6, zog 26.De2+?? und stellte die Dame ein! Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so einen Fehler sah. Unfassbares Glück für uns. Der Kampf drehte sich endgültig, weil Antonias Gegnerin den gewinnbringenden Angriff nicht ansetzte und sich in Zeitnot stattdessen matt setzen ließ.
Die Niederlagen von Monika und Judith konnten wir dementsprechend verkraften. Wir ließen den anstrengenden Tag mit einem sehr guten Essen im Bella Vista Malter ausklingen.
Alle Ergebnisse der 3. Runde der Frauenbundesliga
Der Kampf gegen Dippoldiswalde am Sonntag verlief ähnlich spannend. Nach 2-3 Stunden Spielzeit zeichnete sich ein recht klares Bild ab. Wir hatten an drei Brettern klare Vorteile und an zwei Brettern klare Nachteile. Würde es zu einem Sieg reichen? Von besonderer Bedeutung war die Partie an Brett sechs zwischen Steffi und Sarah Peglau. Unser Edeljoker ging sehr trickreich zu Werke und wollte wie immer direkt matt setzen. Nach einem wechselhaften Verlauf stand diese Stellung auf dem Brett.
Wenn Schwarz zuerst 36…g5 spielt und dann den Bauern auf d6 schlägt, steht Weiß ein schwieriger Kampf um das Remis bevor. Stattdessen spielte Sarah 36…Txd6?? und konnte nach 37.De7! sofort aufgeben. Es droht nicht nur der Turmgewinn, sondern auch die einfache Kombination 38.De8+ Df8 und 39.Th8+ mit Gewinn der Dame. Es folgte noch 37…Te6, aber nach 38.Dd8+ Df8 39.Th8+ gab Schwarz auf.
Beim Stand von 3:2 für uns spielte nur noch Sarah gegen Ulrike Rößler. Mit einigen Bauern mehr in der Tasche stand sie objektiv klar auf Gewinn. Die Gegnerin kämpfte natürlich für ihr Team, doch Sarah fuhr den Sieg locker nach Hause.
Alle Ergebnisse der 4. Runde der Frauenbundesliga
Die zwei Siege kamen an diesem Wochenende etwas glücklich zu Stande, geben uns aber ein beruhigendes Polster, um den Rest der Saison zumindest sportlich entspannt anzugehen.
Mit der 5. und 6. Runde geht es in der Frauenbundesliga weiter am 15. und 16. Februar. Wir spielen in Hemer gegen Solingen am Samstag und gegen die Gastgeberinnen am Sonntag.
Alle Informationen über die Frauenbundesliga auf der Webseite des Deutschen Schachbunds
Fotos Hamburger SK auf flickr
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