Hamburger Schachklub von 1830 e.V.

Königlich in Fantasie und Logik

Offener Spielbetrieb, auch für Gäste: Jeweils Dienstag & Freitag von 18:30 – 22:00 Uhr bieten wir einen offenen Spielabend an! Wir freuen uns über alle Interessierten, die uns kennenlernen möchten. Wir bitten um Anmeldung über schachklub@hsk1830.de.

Martina Gerdts berichtet über die Hamburger Frauen-Einzelmeisterschaft!

Alissa Wartenberg ist Hamburger Frauenmeisterin 2023, herzlichen Glückwunsch! Foto: Julian Wartenberg
Alissa Wartenberg ist Hamburger Frauenmeisterin 2023, herzlichen Glückwunsch! Foto: Julian Wartenberg

Die Hamburger Frauen-Einzelmeisterschaft wurde vom 30.6. bis 2.7.23, also am vergangenen Wochenende, in fünf Runden zu Gast beim SC Königsspringer Hamburg ausgetragen. Das Turnier wurde dieses Jahr getrennt von Schleswig-Holstein veranstaltet – alle Spielerinnen, die bei einem Hamburger Verein gemeldet waren, konnten mitspielen.

Nachdem wir aufmerksam die Anmeldungen und Abmeldungen verfolgt haben, haben am Ende zwölf Spielerinnen teilgenommen, sechs davon vom HSK. Wie auch schon bei der gemischten Hamburger Einzelmeisterschaft waren wir in der Startrangliste breit gefächert vertreten. Besonders freut mich auch, dass einige Spielerinnen dabei waren, die an diesem Wochenende eine ihrer ersten Turniererfahrungen im gewerteten Langzeitschach gemacht haben.

Wenn ich in meiner Schachvergangenheit zurückgucke, war die Hamburger Frauen-Einzelmeisterschaft damals auch eines meiner ersten Turniere und da auch das erste Frauenturnier, das ich gespielt hatte. Damals (2011) wurde die Meisterschaft als offenes Turnier im HSK Klubheim ausgetragen, so dass wir aus Stade, wo ich damals spielte, mit einer Mädchengruppe anreisen durften. Diese Anfänge haben mich im positiven Sinne nachhaltig geprägt, weswegen ich immer dafür plädieren würde, solche Turniere so zugänglich wie möglich zu gestalten und eben auch die Möglichkeit zu bieten, Schachlaufbahnen mit einem Turnier wie der Hamburger Frauen-Einzelmeisterschaft starten zu lassen.

Erste Runde bei der Hamburger Fraueneinzelmeisterschaft. Links Cynthia Kraft gegen Mina Blöcher, rechts Azadeh Lotfifar gegen Constanze Wulf. Foto: Klaus-Jürgen Herlan

In der ersten Runde gab es wegen einer ungeraden Anzahl an Spielerinnen ein Spielfrei. Ansonsten konnten alle in allen Runden spielen. Mit DWZs und Elos über 1800 und damit einem Abstand von knapp 200 Punkten zum dritten Startplatz, starteten Constanze Wulf und Alissa Wartenberg vom HSK als die Favoritinnen auf den Sieg. Alissa machte zwischendurch darauf aufmerksam, dass Constanze und ich bereits 2013 in Norderstedt gegeneinander gespielt hatten. Damals hatte Constanze eine Variante der Slawischen Verteidigung gegen mein Damengambit gespielt, die ich so noch nicht so gut kannte. Verglichen mit den Zügen aus der ersten Runde dieser Meisterschaft scheint Constanze der Slawischen Verteidigung, auch mit ein paar Abwandlungen, treu geblieben zu sein. In der ersten Runde spielte sie gegen Azadeh Lotfifar. Nach einer langen Partie gewann Azadeh diese. In der zweiten Runde spielte Azadeh gegen Alissa. Azadeh spielte wieder mit Weiß, es kam wieder eine Variante der Slawischen Verteidigung aufs Brett. Dieses Mal gewann aber die gegnerische Seite. Am Ende hatte Alissa fünf Punkte aus fünf Runden erspielt. Damit hatte sie sich den Sieg der Hamburger Einzelmeisterschaft klar verdient und hat sich damit für die Teilnahme an der Deutschen Frauen-Einzelmeisterschaft qualifiziert. An dieser Stelle erstmal: Herzlichen Glückwunsch, Alissa!

Erst in der dritten Runde kam es zu zwei Remis. Huanying Wang vom Niendorfer TSV, der ich dieses Jahr schon bei drei Turnieren begegnet bin, die dieses Jahr aber schon fünf Turniere gespielt hat und in den vergangenen Jahren auch sehr aktiv war, hat in der dritten Runde gegen Mina Blöcher vom SK Johanneum Eppendorf gespielt. Nach einer Caro-Kann Variante in der Eröffnung kam es zu einem interessanten Endspiel mit einer Dame gegen zwei Türme. Hier wurde sich nach 56 Zügen und wenigen verbliebenen gegenüberstehenden Bauern auf ein Remis geeinigt. Bei Birte Zehner vom SK Union Eimsbüttel gegen Azadeh kam das Remis durch die Abtauschvariante in der französischen Verteidigung zustande.

Ich selbst habe in der dritten Runde mit Weiß gegen Nadja Barrientos gespielt. Wir sind beide dieses Jahr neu in den HSK eingetreten. Nadja und ich kennen uns schon seit geraumer Zeit aus anderen Kontexten und haben uns gefreut, uns nun beim Schach wiederbegegnet zu sein. Manchmal fühlt sich so eine Großstadt wie Hamburg denn doch wieder wie ein Dorf an.

Nach der dritten Runde waren Luisa Marie Darvish Ghane vom Bergstedter SK und Alissa Punktgleich. Luisa hatte zu diesem Zeitpunkt aber die etwas bessere Buchholzwertung und führte damit die Tabelle an. In der vierten Runde klärte sich dann diese Punktgleichheit damit, dass die beiden gegeneinander spielen mussten. Eine geöffnete sizilianische Verteidigung kam bei den beiden aufs Brett und nach der Partie der volle Punkt auf Alissas Punktekonto. Ab diesem Zeitpunkt führte Alissa die Tabelle mit vier Punkten an. Zwischen Constanze und Lotta Kiekbusch (vom SK Johanneum Eppendorf) kam es in der vierten Runde nach einer Skandinavischen Verteidigung im 39. Zug zu einem Remis durch dreifacher Stellungswiederholung.

In dieser Runde spielte ich gegen Cynthia Yumi Kraft. Cynthia und ich hatten uns in der Woche vom Turnier zufällig noch eine Partie von mir angesehen, wo ich mit Weiß gegen Albins Gegengambit spielen musste. Nun hatte Cynthia in dieser Partie die weißen Figuren und ich die schwarzen und Cynthia startete mit 1. d4. Ich spielte …d5, sie antwortete mit 2. c4 und ich begann nachzudenken. Ich hatte Albins Gegengambit von der Sicht von Schwarz schonmal vorbereitet und hatte die Partie, wo ich dagegen mit Weiß spielen musste, eher darauf basierend rekonstruiert, welche Züge ich aus meiner Vorbereitung mit Schwarz kannte. Nun hatte ich also die Möglichkeit, die Eröffnung zu spielen, auch wenn mir sehr bewusst war, dass Cynthia die Eröffnung auch erst vor kurzem zu Gesicht bekommen hatte und da die Pläne gerade von Weiß ja besonders besprochen wurden. Ich habe mich dann dafür entschieden, trotzdem …e5 zu spielen, um mal etwas anderes aufs Brett zu bekommen als das abgelehnte Damengambit, das ich üblicherweise spielte. Man muss ehrlich sagen, dass ich die Eröffnung nicht ideal gespielt habe und Cynthia besonders mit einem starken Springer mir die Stellung auf dem Brett sehr schwierig gestaltet hat. Im Nachhinein würde ich den Verlauf der Partie als eine Achterbahnfahrt beschreiben. Es gab Hochs und Tiefs, interessante Mattdrohungen, die aber pariert werden konnten, Fesslungen wurden ausgenutzt und es gab noch viele weitere taktische Motive. Im Endspiel hatten wir dann noch gleichviele Bauern, jeweils eine Leichtfigur und einen Turm. Die Partie endete dann mit einem Remis.

Letzte Runde: Hinten rechts spielt Alissa Wartenberg gegen Martina Gerdts und freut sich schon über den Titel, vorn Constanze Wulf gegen Mina Blöcher. Foto: Klaus-Jürgen Herlan

In der letzten Runde hätte Alissa schon ein Remis für den Turniersieg gereicht. Mir wurde das Glück zuteil, diese letzte Runde gegen Alissa an Brett 1 zu spielen und dort zu verlieren. Was soll ich weiter dazu sagen? Wenn man gegen so starke Spielerinnen verliert, nimmt man meist ein Partieformular mit nachhause, aus dem man eine Menge lernen kann. Für mich war es die zweite Turnierpartie, bei der ich auf 1.e4 mit e5 geantwortet habe. Es kam die Spanische Partie aufs Brett und dort leitete ich ins Jänisch Gambit ein. Im Mittelspiel war die Stellung lange unklar. Klarer wurde es dann, als Alissa einen wunderschönen taktischen Zug gespielt hatte, mit dem ich nicht gerechnet hatte, der zuerst nur wie ein Abtausch aussah, der zwar unangenehm war, aber okay. Tatsächlich endete dieser Abtausch nach ein paar weiteren Zügen aber damit, dass meine Dame und mein König beide sehr unangenehm ins Visier von Alissas Dame und Turm gekommen waren. Währenddessen standen meine restlichen Figuren irgendwie hilflos am falschen Ort. Als ich die Partie nach dem Turnier am Computer analysiert hatte, hatte dieser empfohlen, die Dame für den Turm zu geben (und denn zu verlieren). In so einer Stellung weiß man am Brett auch ohne Computer, dass man wohl eher nicht mit einem Zugewinn auf dem Punktekonto rechnen sollte. An der Stelle hätte ich natürlich direkt aufgeben können. Ich habe denn noch weitergespielt, um zu sehen, was für einen Weg Alissa wohl für das Matt auswählt. Nachdem sie meinen König von meinen restlichen Bauern wegbekommen hat, an die ich mich sehr stur gekrallt hatte, war das Mattmotiv ein Treppenmatt mit Dame und Turm. Solche Endspiele geben auch interessantes Material für Trainingsstunden, wo die Spieler*innen üben sollen, eine eindeutig gewonnene Stellung dann auch tatsächlich mit einem Punkt nachhause zu holen.

Bei der Siegerehrung hat Alissa dann von der Turnierleitung einen Blumenstrauß für ihren Turniersieg überreicht bekommen.

Alissa Wartenberg ist Hamburger Frauenmeisterin 2023, herzlichen Glückwunsch! Foto: Julian Wartenberg

Der zweite Platz ging an Luisa Marie Darvish Ghane (Bergstedter SK) mit vier Punkten aus fünf Runden. Mit 3,5 Punkten aus 5 erreicht Birte Zehner (Union Eimsbüttel) den dritten Platz und erreicht damit auch die Position, aus der sie basierend auf der Startrangliste gestartet war. Platz 4 bis 8 wurden jeweils mit 2,5 Punkten, aber unterschiedlichen Buchholzwertungen belegt. Platz 4 ging an Azadeh, Platz 5 ging an mich, Platz 6 an Cynthia und Platz 7 an Constanze. Lotta Kiekbusch (SKJE) belegte Platz 8 mit 2,5 Punkten aus vier Runden. Platz 9 ging an Sarah-Christin Kilian (Union Eimsbüttel) mit zwei Punkten aus fünf Partien. Platz 10 ging an Mina Blöcher (SKJE) mit 1,5 Punkten aus 5. Platz 11 ging an Nadja mit einem Punkt aus fünf Runden und Platz 12 ging an Huanying Wang (Niendorfer TSV) mit einem halben Punkt aus fünf Partien.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die dieses Turnier möglich gemacht haben und dafür gesorgt haben, dass wir während der Partien Kaffee und weitere Getränke bekommen konnten und auch zwischen den Doppelrunden am Samstag und Sonntag etwas zu essen hatten. Vielen Dank an die Turnierleitung, den Schiedsrichter, den Gastgebern und an den Hamburger Schachverband als Ausrichter.

Jetzt noch ein Funfact zum Spielort: Wie bereits erwähnt war das Turnier beim SC Königsspringer Hamburg untergekommen. Für diejenigen, die das Klubhaus dieses Vereins nicht kennen: Das Klubhaus steht auf einem Sportplatz direkt neben einem Fußballfeld. Kommt euch was bekannt vor? So konnte man sich geographisch relativ weit weg vom HSK entfernt doch wieder etwas „wie zuhause“ fühlen.

Für die Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft wünschen wir Alissa viel Erfolg und alles Gute! Herzlichen Glückwunsch nochmal zum Turniersieg! Die Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft wird zwischen dem 13. Und 21. August in Ruit ausgespielt. Ausgerichtet wird das Turnier vom Schachverband Württemberg. Vor diesem Turnier startet diese Woche die Internationale offene Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft (5. bis 9. Juli) in Magdeburg. Hierüber kann sich auch noch für die Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft in Ruit qualifiziert werden.

Quelle: Hamburger Schachverband

 

Partien und Tabellen beim Hamburger Schachverband.

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