Barmbek V ist unser direkter Konkurrent um den Klassenerhalt und hat die letzte Runde der Saison schon zwei Tage vor uns absolviert. Ich (Jörg Spreu) habe mir deren letzten Mannschaftskampf gegen Volksdorf II angesehen. Die Buchmacher hätten nicht viel auf Barmbek gegeben. Aber bereits sicher aufsteigende Volksdorfer waren milde gestimmt, haben ihre stärksten Spieler zuhause gelassen, und das erste Brett kampflos abgegeben. Ein Spieler sprach sogar vom Ibiza-Effekt. Der freundliche Barmbeker Mannschaftsführer Knut Götz hat allerdings versichert, dass kein Bestechungsgeld geflossen sei. Barmbek hat die sich bietende Möglichkeit gut genutzt, konnte einen schönen Mannschafts-Sieg gegen Volksdorf feiern, und ist in der Tabelle an uns vorbeigezogen.
Wir spielen am heutigen Abend gegen Sasel III. Sasel konnte recht früh in der Saison den Klassenerhalt sichern. Die Saseler sind im Niemandsland der Tabelle und am heutigen Abend geht’s mannschaftlich für sie um nichts mehr. Für uns geht es um den Klassenerhalt. Durch Barmbeks unerwarteten Sieg sind wir zum Liefern verpflichtet. Bei einem Sieg halten wir die Klasse, bei einem Unentschieden oder einer Niederlage steigen wir ab. Auf der einen Seite hätte ich mir eine entspanntere letzte Runde gewünscht, auf der anderen Seite haben diese entscheidenden Spiele ihren ganz besonderen Reiz.
Mit folgenden Spielern geht’s ins entscheidende Spiel:
1. Jonny Skibb
2. Jörg Spreu
3. Dieter Wichmann
4. Harald Meyer
5.Astrid von Holten
6. Horst Feis
7. Rolf Lohkamp
8. Andrea Schulz
Mit dem gegnerischen Mannschaftsführer Ronald Modrak werden sehr freundlich und unaufgeregt die Aufstellungen ausgetauscht und um 19:00 Uhr werden die Bretter freigegeben.
Horst Feis spielt mit Weiß und wird mit der Sizilianischen Verteidigung (1. e4 c5) konfrontiert. Im Verlaufe des Mittelspiels schickt Feis seine Bauern mit b5 und e5 recht weit nach vorne. Die Bauern greifen zwar Raum, stehen aufgrund spärlicher Deckung aber etwas wackelig. Feis‘ Gegner Ronald Modrak kann dann auch den weißen b-Bauern wegpflücken. Später hält Feis‘ Gegner ein weiteres Dornenstück parat und auch der weiße e-Bauer fällt durch eine Taktik (Doppelangriff). Im Schwerfiguren-Endspiel kann Feis zwar einen Bauern zurückgewinnen, aber die Stellung ist schwierig. Feis‘ Gegner weiterhin mit Mehrbauern, besserer Bauernstrukur und mit aktiveren Schwerfiguren. Feis hat dazu noch den deutlich unsichereren König. Dies alles in Kombination wird Feis dann auch zum Verhängnis. Im 41. Zug sieht Feis den Teufel mit der Geige spielen. Wir liegen 0:1 hinten.
Jonny Skibb hat es an Brett 1 mit einem starken Gegner zu tun. Walter Blumenberg sitzt ihm gegenüber. Skibb geht mit Schwarz in die Französische Verteidigung. Es kommt zur Vorstoßvariante (1. e4 e6 2. d4 d5 3. e5 …). Im Mittelspiel stehen sich das weiße und das schwarze Turmpaar auf der offenen c-Linie gegenüber, und es bahnt sich ein großer Abtausch an. Die Entscheidung fällt dann aber abseits des Brettes. Blumenbergs Handy klingelt. Skibb reklamiert, bekommt den Punkt, und gleicht damit zum 1:1 aus. Blumenberg schickt noch einen Fluch an den Anrufer raus und verlässt den Turniersaal.
Harald Meyer spielt mit Weiß gegen den Saseler Uwe Tranelis. Schwarz rochiert kurz. Meyer wählt die lange Rochade und hat Spiel auf der halboffenen g-Linie gegen den gegnerischen König. Im 18. Zug kann Meyer taktisch (Figurenfang) einen Läufer gewinnen und spielt fortan mit Mehrfigur. Den materiellen Vorteil nutzt Meyer zum Sieg. Mannschaftlich gehen wir 2:1 in Führung.
Rolf Lohkamp spielt mit Schwarz und Königsindischem Aufbau. Irgendwann fehlt beim Gegner Perygrin Warneke eine Figur, später sogar die Dame. Lohkamp erhöht unsere Führung auf 3:1.
Auf Dieter Wichmanns Brett siehts recht ausgeglichen aus. Wichmann schafft es dann aber, im weiteren Verlauf der Partie ein oder zwei Bauern zu gewinnen. Mit Materialvorteil kann Wichmann sich dann gegen seinen Gegner Friedrich Thies durchsetzen und das Leichtfiguren-Endspiel verwerten. 4:1 für uns.
Andrea Schulz ist als Ersatzspielerin bei uns eingesprungen. Sie sitzt mit Weiß gegen Thomas Wehner am Brett. Als ich irgendwann mal wieder bei ihr aufs Brett gucke, fehlt eine Figur. Mit ihren Schwerfiguren hat sie zwar gewisses Spiel auf der offenen h-Linie gegen den gegnerischen König. Der Angriff entpuppt sich dann aber mehr als Propaganda-Aktion und weniger als tatsächlich gehaltvolle Drohung. Ihr Gegner kann dem Angriff dann auch entschlüpfen und verwertet im späteren Verlauf seinen materiellen Vorteil. Sasel verkürzt auf 4:2.
Astrid von Holtens schwarze Stellung ist gut, aber was bereits die letzten beiden Runden zum Problem wurde, holt sie auch diesmal ein: die tickende Uhr. Weniger als 5min sind noch auf der Uhr. Zeitlich wird es knapp, die Züge dadurch erzwungenermaßen unüberlegter. Düstere Ahnungen kommen auf und tatsächlich gerät ihre Stellung ein wenig aus den Fugen. Als das Plättchen fällt, meint sie, zumindest 40 Züge geschafft zu haben und 30 Bonus-Minuten zu bekommen. Ihr Gegner Gerhard Frische reklamiert aber, dass erst 39 Züge gespielt seien. Die Uhr wird angehalten, die Partie zur Kontrolle der Zuganzahl nachgespielt und tatsächlich: Es waren erst 39 Züge. Von Holten verliert auf Zeit. Sasel kommt auf 4:3 heran.
In meiner Partie ist das Mittelspiel einigermaßen ausgeglichen, als ich im 23. Zug dann aber taktisch (Ablenkung) den gegnerischen schwarzen c-Bauern erobern kann, und fortan besser stehe. Material tauscht sich ab und es entsteht ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern. Mein Gegner mit 4:3 Bauernmehrheit am Königsflügel, ich mit stärkerer 3:1 Bauernmehrheit und Freibauern am Damenflügel. Die Remisbreite in Endspielen mit ungleichfarbigen Läufern ist gewaltig, aber ich bin einigermaßen optimistisch, dass ich doch irgendwie den ganzen Punkt holen kann. Aber auch hier sollte der ungleichfarbige Läufer meines Gegners Marc Heiderich den Tag für ihn retten. Ich versuche noch das ein oder andere, aber es gibt keinen Gewinnweg und ich gehe dann im 50. Zug in die Stellungswiederholung. Mit dem Remis sorge ich für den 4,5 : 3,5 Endstand.
Durch den Mannschaftssieg haben wir den Klassenerhalt geschafft; einen Mannschaftspunkt vor den nun absteigenden Barmbekern. Nächste Saison also wieder Kreisliga. Bereits im letzten Jahr gab es in Astrid von Holtens Garten ein schönes Grillen zum Saisonabschluss. Auch in diesem Sommer wird es in Astrids Garten wieder einen Grilltag geben, mit dem wir die Saison dann in entspannter Runde ausklingen lassen können.
Für die neue Saison brauchen wir auf jeden Fall noch einen neuen Spieler oder eine neue Spielerin. Sollte jemand Interesse haben, in unsere Mannschaft einzusteigen, meldet euch gern bei mir: stu234967@mail.uni-kiel.de
Die Abschlusstabelle: Herzlichen Glückwunsch an HSK 23 zum Aufstieg!