Nach Harburg ist vor Harburg. Nachdem wir in der letzten Runde auswärts bei SW Harburg antreten mussten, trafen wir in der dritten Runde mit Diagonale Harburg 2 auf den nächsten Vertreter aus Harburg. Dieses Mal konnten wir uns allerdings die lange Anreise sparen und begrüßten unsere Kontrahenten im HSK. Unser Gegner war letztes Jahr aus der Stadtliga abgestiegen, wir wussten also, dass in dieser Runde ein echter Härtetest auf uns wartete.
Trotzdem gingen wir hochmotiviert in das Duell. Die Zielsetzung war klar, wir wollten unbedingt unsere Tabellenführung verteidigen. Passend für diesen Gegner kamen wir zum ersten Mal in diesem Jahr ohne Ersatzspieler aus. Folgende Aufstellung stellte sich den Harburgern entgegen: Tom Wolfram, Constanze Wulf, Philip Chakhnovitch, Boriss Garbers, Marvin Machalitza, Felix Ihlenfeldt, Daniel Thung, D. G.. Um die Mannschaft zu unterstützen, war auch unser Spitzenbrett Kevin anwesend. Er konnte wegen eines Landesligaeinsatzes leider nicht aktiv mitwirken. Und auch David kam nach getaner Arbeit ca. um 20 Uhr im HSK an, wir waren also in voller Mannschaftsstärke vertreten.
Doch all das schien zunächst nur wenig zu nützen. Denn am fünften Brett leistete sich Marvin schon früh einen kostspieligen Fehler. Er entschied sich für den Benoni Aufbau und anfangs schien noch alles in normalen Bahnen zu verlaufen. Dann aber schlug er mit der falschen Figur zurück und musste dies teuer bezahlen. Erst verabschiedete sich eine Figur und als dann wenig später auch der Damenverlust unausweichlich wurde, musste er seinem Gegner gratulieren. Ein klassischer Fehlstart also, spätestens jetzt war uns allen klar, das wird heute Abend eine richtig schwere Angelegenheit.
Die nächste Entscheidung ereignete sich an Philips dritten Brett. Philip stellte sich in seinem Paulsen Sizilianer etwas zu passiv hin. Dadurch konnte Weiß die Kontrolle übernehmen und war die restliche Partie über am Drücker. Schwarz leistete sich jedoch keine weiteren Fehler und konnte alle weißen Versuche vereiteln. Schließlich gab Weiß auf und willigte resigniert in die Punkteteilung ein.
Am Spitzenbrett sah sich Tom mit der seltenen Larsen Eröffnung (1.b3) konfrontiert. Natürlich verspricht diese nicht viel Vorteil für Weiß und Tom konnte problemlos ausgleichen. Allerdings muss Schwarz erstmal einen guten eigenen Plan finden und auch Tom tat sich zunächst damit sehr schwer. Nachdem er aber das Läuferpaar erobern konnte, schien es so, als ob er auf Gewinn spielen könnte. Doch trotz zahlreicher Bemühungen gelang es ihm nicht seinen leichten Vorteil in etwas Handfestes umzuwandeln und schließlich einigten sich beide Spieler auf ein Remis.
Eine echte Achterbahnfahrt der Gefühle ereignete sich derweil am Nachbarbrett. Conny wählte den geschlossenen Sizilianer als Eröffnung und die Partie entwickelte sich vielversprechend. Ihr gelang es die g-linie zu öffnen, bevor der schwarze König rochieren konnte und da Schwarz bereits Tb8 gespielt hatte, saß der schwarze König nun in der Mitte des Brettes fest. Dort sah er sich einer Vielzahl an weißen Figuren gegenüber und Schwarz hatte alle Hände voll zu tun, um in der Partie zu bleiben. Schließlich zwang Conny ihren Gegner, in ein sehr schlechtes Turmendspiel abzuwickeln und Schlimmeres zu verhindern. Was uns jedoch Kopfzerbrechen bereitete, war Connys Bedenkzeit. Die lange Zeit sehr scharfe und komplizierte Mittelspielstellung hatte ihren Tribut gefordert und Conny standen nur wenige Minuten zur Verfügung. In höchster Zeitnot passierte es dann, Weiß erlaubte Schwarz seine Türme auf der zweiten Reihe zu verdoppeln, was zwangsläufig zu Dauerschach führte. Doch das war leider noch nicht das Ende der Partie, denn Conny unterlief ein weiterer Fehler, beim Versuch das Dauerschach zu vermeiden stellte sie einen ihrer Türme auf das falsche Feld, was wenig später zu seinem Verlust führte.
Damit lagen wir nach der Hälfte der gespielten Partien sehr unglücklich mit 1:3 zurück. Und ein Blick auf die anderen Partien stimmte mich nicht gerade optimistisch. Am achten Brett konnte D.’s Gegner sich schon früh das Läuferpaar sichern. Dieses dominierte die komplette Stellung und D. hatte große Probleme ihre Figuren gut zu positionieren. Dies konnte ihr Kontrahent schließlich ausnutzen und Material gewinnen. Dann aber offenbarte sich, dass es doch so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit gibt. Denn genau wie Conny am zweiten Brett leistete sich D.’s Gegner in Zeitnot einen schweren Fehler und stellte seine Dame ein. So gewann D. doch noch sehr glücklich und konnte auf 2:3 verkürzen.
Und der Aufwärtstrend setzte sich fort. An meinem sechsten Brett hatte mein Gegner im Sveshnikov einen wichtigen Zug vergessen, was ihn teuer zu stehen kam. Ich konnte die komplette Kontrolle über die Partie übernehmen und er besaß lange Zeit nicht eine gute Figur. Nachdem ich den Druck zunehmend erhöhte, gelang es mir meinen positionellen Vorteil in materiellen Gewinn zu verwandeln. In einem Endspiel mit drei Mehrbauern ließ ich dann nichts mehr anbrennen und glich auf 3:3 aus.
Langsam kehrte die Hoffnung zurück, zumindest die Niederlage noch vermeiden zu können. Am vierten Brett hatte Boriss‘ Gegner die Pirc Verteidigung gewählt. Eine Eröffnung, welche zu vielen scharfen Stellungen führen kann. Doch da Boriss laut eigener Aussage nicht mehr ganz variantensicher war, wählte er einen eher ruhigeren Ansatz. Dadurch entwickelte sich eine lange Zeit ausgeglichene Partie, bis Boriss sich bei einer Abwicklung verrechnete und sich plötzlich mit einer Figur weniger wiederfand. Mit dem Mut der Verzweiflung startete er noch einen Königsangriff, konnte Schwarz aber nicht mehr vor ernsthafte Probleme stellen. Damit stand es nun 3:4.
Es war nun allen klar, dass der Mannschaftskampf am siebten Brett von Danu entschieden werden würde. An diesem entwickelte sich zunächst eine sehr ausgeglichene Alapin Partie. Bis sich Weiß zu dem sehr gewagten Vorstoß g4 entschied. Dieser lief umgehend in den schwarzen Konter f5. Von dem Moment war Danu am Drücker und konnte einen Bauern gewinnen. Es schien, als ob alles unter Kontrolle wäre, doch die Partie sollte noch einiges an Dramatik bereithalten. In einem Dame+Turm Endspiel gelang es Danu zunächst seine Schwerfiguren auf der 2. Reihe zu verdoppeln und so den weißen König in massive Bedrängnis zu bringen. Und tatsächlich gab es für Weiß keine andere Rettung, als einen Turm zu geben. Doch gerade als Danu den Gewinn einleiten wollte, geschah es: Danu, der direkt von der Arbeit gekommen war, hatte vergessen sein Handy auszuschalten und das klingelte nun aus seinem Rucksack. Der gegnerische Mannschaftsführer und ich waren uns schnell einig das dies den sofortigen Partieverlust und damit auch die Niederlage im Mannschaftskampf bedeutete. Danus Gegner bot noch an, Remis zu machen, da er ja völlig auf Verlust stand. Eine sehr faire und lobenswerte Geste, die jedoch am Mannschaftsergebnis nichts mehr änderte.
Damit war unsere 3.5:4.5 Niederlage besiegelt. Es war unsere erste Saisonniederlage. Mehr aber noch durch die Niederlage riss eine 12 Mannschaftskämpfe andauernde Serie von ungeschlagenen Wettkämpfen. Unsere letzte Niederlage hatten wir im Juni 2018 kassiert. Am bittersten ist jedoch die Art und Weise, wie die Niederlage zustande gekommen ist, aber das gilt es abzuschütteln und sich voll auf die kommenden Aufgaben zu fokussieren. Durch die Niederlage mussten wir selbstverständlich auch die Tabellenführung abgeben, aber wir haben die Chance sie direkt in der nächsten Runde zurückzugewinnen. Dann geht es auch gegen einen Gegner, der nicht aus Harburg kommt.