Hamburger Schachklub von 1830 e.V.

Königlich in Fantasie und Logik

Offener Spielbetrieb, auch für Gäste: Jeweils Dienstag & Freitag von 18:30 – 22:00 Uhr bieten wir einen offenen Spielabend an! Wir freuen uns über alle Interessierten, die uns kennenlernen möchten. Wir bitten um Anmeldung über schachklub@hsk1830.de.

Großer Sport… in Norwegen (HSK 19 – Marmstorf 3 / 09.01.2020)

Der größte Aufreger gleich zu Beginn des Wettkampfs: Nach einer guten Viertelstunde kam es zu einer Disqualifikation. Vorausgegangen war ein grober Regelverstoß. Was war geschehen? Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Uwe Gensheimer, hatte im Vorrundenspiel der Handball-EM in Trondheim den gegnerischen Torwart beim 7m-Strafwurf am Kopf getroffen. Damit ist der sportliche Höhe- bzw. Tiefpunkt dieses Donnerstagabends bereits umrissen. Ach ja, Schach wurde auch noch gespielt… etwa 1.300 km weiter südlich, im Klubheim des HSK.

Trotz guter Neujahrswünsche unseres Mannschaftsführers Sebastian zur Einleitung an beide Teams gab es zum Jahres- und Saisonauftakt zunächst Schonkost. Unser Brett 1, Daviti, hatte gleich mal spielfrei. Sein Gegner erschien nicht; ein Punkt für uns nach einer Stunde. Noch schneller konnte Peter seinen Arbeitstag beenden. Sein Gegner mit den schwarzen Steinen an Brett 8 provozierte mit einem frühen Bauernvorstoß nach g5 ein taktisches Scharmützel, was für diesen nicht gut ausging. Er verlor einen ganzen Turm und gab folgerichtig im 11. Zug auf.

Armin an Brett 2 guckte schon vor Beginn seiner Partie irgendwie unglücklich. Er deutete an, dass er noch mit seinem Abschneiden beim Clubturnier haderte… Wie dem auch sei, bereits nach 14 Zügen einigte er sich mit seinem Kontrahenten auf ein Remis. Bei mir selbst dauerte es etwas länger, doch wie Armin – post mortem – treffend anmerkte: „Mit Ruhm bekleckert haben wir uns beide nicht.“ Mein Gegner servierte mir die spanische Eröffnung. Leider brachte ich als Schwarzer die Zugreihenfolge durcheinander und hatte früh Schwierigkeiten, meine Figuren zu entwickeln und überhaupt zur Rochade zu kommen. Im Übergang zum Mittelspiel hatte ich insofern Glück, als Weiß nicht immer die stärkste Fortsetzung fand. Nachdem wir eine Reihe von Leichtfiguren sowie die Damen getauscht hatten, einigten wir uns nach 22 Zügen auch an Brett 3 auf eine Punkteteilung. So stand es relativ schnell 3:1 für uns.

Dann verständigte sich mein Namensvetter Christian an Brett 7 mit seinem Kontrahenten ebenfalls auf remis. Die Stellung war tatsächlich sehr ausgeglichen. Zwar hatte Christian als Schwarzer zu diesem Zeitpunkt gerade eine offene Linie mit einem Turm besetzt, doch war die Chance, daraus einen dauerhaften Vorteil zu entwickeln, nicht zu erkennen. Mehr Spannung bot sich an den drei verbliebenen Brettern: Ben Wito, der zu dieser Saison neu zu unserem Team gestoßen ist – herzlich willkommen erneut an dieser Stelle! –, griff als Weißer an Brett 4 vom ersten Zug an beherzt an. Dabei verzichtete er auf die Rochade und schob an beiden Flügeln seine Bauern nach vorne. Einen dieser Bauern konnte sein Gegner zunächst erobern. Erst als Ben Wito mit seinen Läufern ins gegnerische Lager einzubrechen vermochte, holte er sich diesen zurück. Leider konnte ich die Partie nicht die gesamte Zeit über verfolgen. Als ich wieder auf’s Brett schaute, hatte Schwarz nicht nur die Qualität gewonnen (Turm gegen Springer). Auf Grund der weit vorgeschobenen Bauern stand der weiße König luftig, und es gelang Ben Witos Gegner kurz darauf, ihn mit Turm und Dame matt zu setzen. Zwischenstand: 3,5:2,5 für uns.

Den Matchpoint holte Michael an Brett 6. Als Angriffsspieler, der er ist, nutzte er mit den weißen Figuren nicht nur den Anzugsvorteil, sondern gab früh in der Eröffnung einen Bauern, um seinen Entwicklungsvorsprung weiter auszubauen. Die Rechnung ging auf: Sein Gegner ließ sich zu einer Reihe von Damenzügen verleiten. Michael öffnete konsequent die Stellung und unterband mit einem ersten Schachgebot die schwarze Rochade. Als die schwarze Dame sich wenige Züge später für einen Turm opferte, um ein erneutes Schach abzuwehren, war die Partie gewonnen. Michael eroberte weiteres Material, dann gab sein Gegenüber auf. Die meisten Partien waren entschieden, der Wettkampf auch. Unser Sieg stand fest. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Turniersaal bereits weitestgehend geleert. Nur Sebastian spielte noch an Brett 5.

Ich empfand es als meine „patriotische Pflicht“, unseren Captain, der uns an jedem Spieltag bis zum Ende begleitet, zumindest moralisch zu unterstützen. (Naiv, wie ich bin, ahnte ich da noch nicht, dass mir das später „die Ehre“ der Berichterstattung einbringen würde.) Geholfen hat’s leider nix: Es kam zu einem kuriosen Finale. Sebastian hatte als Schwarzer einen Bauern erobert. Dafür stand er zunächst etwas gedrängt. Der Weiße verbrauchte viel Zeit damit zu überlegen, wie er die Stellung wohl verstärken könne. Als es Sebastian jedoch im Mittelspiel gelang sich zu entknoten, hatte er vor allem auf der Uhr einen riesigen Vorteil. Sein Plan war jetzt: Schaffe weitere Komplikationen, dann wird Weiß den 40. Zug nicht vor der Zeitkontrolle erreichen (oder auf dem Weg dahin zu Fehlern provoziert). Der Plan ging nur zum Teil auf. Komplikationen gab es in Hülle und Fülle. Doch Umsicht war nun auch von Sebastian gefordert. Sein Zeitpolster schmolz dahin. Dann sein ungläubiger Blick: Als er noch die Figur in der Hand hielt, um gerade selbst den 40. Zug auszuführen, lief seine Zeit ab. Was folgte, war ein kurzes Wortgefecht mit dem gegnerischen Mannschaftsführer: Nicht Sebastians Gegner hatte den Gewinn auf Zeit erkannt und reklamiert, sondern jener hatte diesen darauf hingewiesen. Wir ersparen dem Leser an dieser Stelle die minutiöse Schilderung des Disputs darüber, wie genau sich die Rolle der Mannschaftsführer darstellt, wenn kein offizieller Schiedsrichter im Turniersaal zugegen ist. Schlussendlich ärgerte sich Sebastian vor allem über sich selbst. – Was stand am Ende dieses Wettkampfes?

1. Das noch volle Wasserglas von Peter an Brett 8. Seine Partie war so schnell vorüber, dass er nicht mal Zeit zum Nippen hatte.

2. Die Erkenntnis, dass wir uns schachlich alle noch steigern können. Die Punkte aus dem direkten Duell mit einer Mannschaft, die – wie wir – in der Vorsaison aus der Bezirksliga abgestiegen war, nehmen wir gerne mit. Wenn wir aufsteigen wollen, müssen wir gleichwohl mehr zeigen.

3. Ein Auftaktsieg der deutschen Handballer über die Niederlande. Die Mannschaft hat zwischenzeitlich die Hauptrunde erreicht. Seit der Niederlage gegen Kroatien an diesem Wochenende ist das Erreichen des Halbfinales leider nur noch rechnerisch möglich. PS. Armin, Kopf hoch, Du bist ein bärenstarker Spieler – wir brauchen Dich! 😉

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