Hamburger Schachklub von 1830 e.V.

Königlich in Fantasie und Logik

Offener Spielbetrieb, auch für Gäste: Jeweils Dienstag & Freitag von 18:30 – 22:00 Uhr bieten wir einen offenen Spielabend an! Wir freuen uns über alle Interessierten, die uns kennenlernen möchten. Wir bitten um Anmeldung über schachklub@hsk1830.de.

DSOL : Lokalderby gegen Diogenes bringt HSK 2 ersten Sieg

In der 4. Runde trafen in der B-Gruppe der 1. Liga die beiden Hamburger Vertreter aufeinander: wir spielten gegen Diogenes. Wir konnten diesmal unsere Bestbesetzung aufbieten: mit GM Thies Heinemann (2505), Norbert Sehner (2228), Stefan Schnock (2019) und Helge Colpe (1995) brachten wir einen DWZ-Schnitt von 2187 auf die Waage. Bei unserne Nachbarn aus dem Hammer Park fehlten dagegen die obersten Bretter: mit Michael Neumann (2089), Leon Apitzsch (1983), Christian Kalla (1951) und Robert Buchholz (1944) kamen sie nur auf einen Schnitt von 1992.

Auf dem Papier waren wir also klar favorisiert. Doch davon war zunächst nichts zu spüren, der Underdog hielt gut mit. Wir hatten bereits gegen Porz erfahren, wie die besonderen Spielbedingungen – online und stark verkürzte Bedenkzeit – offenbar nivellierend auf die DWZ-Differenz wirken. Nun erlebten wir das Phänomen erneut, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen.

An zwei bis vier kamen die Weißen mit leichten bis deutlichen Vorteilen aus der Eröffnung. Doch auf beiden Seiten erwiesen sich die Schwarzen als zähe Verteidiger; nach und nach entschwanden die weißen Vorteile, und schließlich endeten die drei Partien friedlich.

Damit wurde der Kampf am Spitzenbrett entschieden. Doch wer nun glaubte, der GM werde mit dem Landesligisten leichtes Spiel haben, hatte bald Grund sich zu wundern. Thies hatte mit der Wahl des Najdorf-Sizilianers die Partie auf spannungsvollen Kampf gestellt. Und spannend wurde es in der Tat: gegenseitige Rochaden, und Neumann war mit seinem Angriff auf dem Königsflügel deutlich schneller.

Doch die Lockerung der schwarzen Königsstellung war noch nicht tragisch, erst als Thies ab dem 25. Zug kurzzeitig den taktischen Überblick verlor, stand Neumann vorübergehend auf Gewinn.

Thorsten Cmiel schrieb dazu in seinem DSOL-Zwischenbericht v. 27. Juli in den ChessBase Nachrichten: “… stand der Großmeister längere Zeit mit offenem König klar auf Verlust.” Das ist leider teils falsch, teils zu flüchtig betrachtet.

Zum einen stand Weiß keineswegs “längere Zeit” auf Gewinn. Er hatte vielmehr im 28., 29. und 35. Zug drei Matchbälle, der erste davon war ausgesprochen knifflig. Nachdem er alle drei verhauen hatte, stand er noch vier Züge besser, bis Thies dann im 39. Zug ausglich. Danach setzte sich endlich der bessere Spieler durch, und im 58. Zug kippte die Partie endgültig. Im 63. Zug gab Weiß auf, und wir hatten 2½:1½ gewonnen.

Zum anderen gibt “klar auf Verlust” nur die analytische Beurteilung wieder, es ignoriert die psychologischen Rahmenbedingungen. Wir vergessen bei solchen Partiekommentierungen leider viel zu oft, daß nicht Computer gegeneinander spielen, sondern Menschen. Und Menschen machen Fehler – insbesondere unter gegnerischem Angriff oder Zeitmangel. In unserem konkreten Fall hatte Weiß im 25. Zug von den ursprünglich 45 Minuten noch etwa fünf Minuten übrig, Schwarz noch ungefähr sieben. Und während der letzten 20 Züge hatten beide Spieler nie mehr als 60 Sekunden auf der Uhr, d.h. sie lebten praktisch vom 15 sec/Zug Increment. Es sollte jedem einleuchten, daß unter solchen Bedingungen subtile Gewinnmanöver allenfalls zufällig gefunden werden.

[Event "DSOL 1. Liga Gruppe B"] [Site "play.chessbase.com"] [Date "2020.07.24"] [Round "5.1"] [White "Neumann, Michael"] [Black "Heinemann, Thies"] [Result "0-1"] [ECO "B90"] [WhiteElo "2089"] [BlackElo "2505"] [Annotator "JackCrabb"] [PlyCount "126"] [EventDate "2020.??.??"] 1. e4 c5 2. Nf3 d6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 a6 6. Be3 e5 7. Nb3 Be6 8. h3 ({HV ist} 8. f3 Be7 9. Qd2 O-O 10. O-O-O Nbd7 11. g4 b5 12. g5 b4 13. Ne2 Ne8 14. f4 a5 15. f5 a4 $132 {z.B. ½-½ 41 in Radjabov (2726) - Vachier Lagrave (2757), Taschkent 2014}) 8... Nbd7 9. g4 Nb6 ({Stockfish empfiehlt} 9... h6 10. Qd2 Be7 11. O-O-O b5 $11) 10. g5 Nfd7 11. Qd2 Rc8 12. O-O-O Be7 13. Kb1 O-O 14. Rg1 Nc4 15. Bxc4 Rxc4 16. h4 f5 17. exf5 Rxf5 18. Nd5 Bf8 19. h5 Qc8 20. g6 Rxh5 21. gxh7+ Kxh7 22. f4 Bf5 23. Rc1 g6 24. fxe5 $6 {die Öffnung des Königsflügels sieht zwar gut aus, bringt aber allein nix; Schwarz konnte sich mit 25...Rg4 noch gut verteidigen.} (24. Qd1 $11) 24... dxe5 25. Bg5 Kg7 $2 {übersieht, daß Weiß das Feld e3 geräumt hat} (25... Rg4 26. Be3 Rgh4 $15) 26. Ne3 Rc6 $6 (26... Nf6 27. Nxc4 Qxc4 28. Qd8 $16) 27. Nxf5+ gxf5 28. Bh6+ $2 (28. Qg2 $3 {gewann:} Kf7 (28... Rg6 $2 29. Bf6+ $1 {1-0}) 29. Qf3 $1 Rxg5 30. Rxg5 f4 31. Nd4 $1 exd4 32. Re1 Re6 33. Qh5+ $8 Ke7 34. Qh7+ $8 Kd6 35. Rxe6+ Kxe6 36. Rg6+ Kd5 37. Qf7+ Ke4 38. Qe6+ Kf3 39. Qg4+ Ke4 40. Qe2+ Kd5 41. Qe6+ {und # in 3. Die letzten Züge waren vielleicht nicht allzu schwer, aber um die Prachtzüge am Anfang der Kombi zu finden, hätte es bei der Bedenkzeit schon einen taktischen Zauberer wie Tal oder Kasparov gebraucht.}) 28... Kh7 $2 ({nach} 28... Kh8 $1 29. Bxf8 Nxf8 {wäre wieder alles offen gewesen - es sei denn, Weiß hätte (bei der Zeit !) eine Serie von Problemzügen gefunden:} 30. Nc5 $3 Rh7 (30... Rxc5 $6 31. Qg2 $1 Ne6 32. Qg6 Rh7 33. Qf6+ Rg7 34. Rxg7 Nxg7 35. Qf7 Qc6 36. Rg1 Qh6 37. Qf8+ Kh7 38. Qxc5 { Stockfish gibt hier +4. Es dürfte aber nur wenige Spieler geben, die mit evtl. noch zwei Minuten auf der Uhr diese Stellung tatsächlich gewinnen können.}) 31. Nd3 Ng6 $16) 29. Bxf8 $2 (29. Qd5 $1 Bxh6 {(sonst #)} 30. Qf7+ $18) 29... Nxf8 30. Rg5 $6 (30. Nd4 $3 Rf6 (30... exd4 31. Qe2 $1 Kh6 32. Rg8 $18) 31. Qe2 Qe8 32. Rg2 $16) 30... Qe8 $2 (30... Rxg5 {glich aus:} 31. Qxg5 Ng6 32. Rh1+ Kg8 $1 33. Rh6 Kg7 $11) 31. Rcg1 Qf7 $2 {erneut steht Weiß auf Gewinn - aber bei der Bedenkzeit ...} (31... Rxg5 32. Qxg5 Rg6 33. Qxf5 Qe6 34. Rh1+ Kg7 35. Qe4 $16) 32. Rxh5+ Qxh5 33. Qd5 $1 Ng6 34. Rh1 Nh4 35. Qxe5 (35. Qd7+ $1 { entschied forciert:} Kh6 (35... Kg8 36. Qd8+ $18) (35... Kg6 36. Qe8+ Kh6 37. Qh8+ Kg5 38. Rg1+ $18) 36. Qe7 Rc4 37. Qe6+ $18) 35... Qg5 36. Qd4 $2 (36. Nd4 Rh6 37. a3 $18) 36... Rh6 37. Rg1 Qe7 38. Qd5 Rg6 39. Rxg6 $2 (39. Rh1 $1 Rh6 40. Nd4 Kg7 41. b3 $1 b6 42. a3 $18 {, und Stockfish sieht Weiß mit etwa 4,5 im Vorteil. Allerdings dürfte selbst ein GM Probleme haben, mit 30 Sekunden auf der Uhr diesen Vorteil zu verwerten.}) 39... Kxg6 $11 40. a3 Kg5 41. Nd4 Kg4 42. Qg8+ Kh3 43. Qd5 Qe1+ 44. Ka2 Qe4 45. Qd7 Kh2 46. c3 Kg1 47. Qh7 Kf2 48. Qh5 Kg3 49. Qh7 Qd5+ 50. Kb1 Kg4 51. Qg7+ Kh3 52. Qh6 Qe4+ 53. Ka2 f4 54. Qg5 $2 {wendet das Blatt.} (54. Ne6 $11) 54... f3 55. Qd2 Kg3 56. Qg5+ Qg4 57. Qe3 Kg2 58. Ne6 $4 {vergibt die letzten Remischancen, der schwarze Freibauer entscheidet nun den Tag. Bemerkenswert ist auch, wie die schwarzen Figuren in der gesamten Endphase der Partie ihren offenen König so zuverlässig schützten, daß er dabei noch den Freibauern unterstützen konnte.} (58. Nc2 $17) 58... Ng6 $1 59. Nd4 f2 60. Qd2 Ne5 61. Nc2 Nc4 62. Qd5+ Kg1 63. Qc5 b6 $1 0-1
Einzelergebnisse:
Hamburger SK II Diogenes HH
1. GM Thies Heinemann (2505) 1 : 0 Michael Neumann (2089)
2. Norbert Sehner (2228) ½ : ½ Leon Apitzsch (1983)
3. Stefan Schnock (2019) ½ : ½ Christian Kalla (1951)
4. Helge Colpe (1995) ½ : ½ Robert Buchholz (1944)

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