Vor der Saison war zu erwarten, dass Sasel III, Barmbek V und unsere HSK 24 die direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt sind. Sasel konnte in der bisherigen Saison überraschend gut punkten. Auf der Saseler Webseite heißt es dazu: „Sasel 3 schlägt Volksdorf 2 4,5 : 3,5 und setzt sich endlich von der Abstiegsregion ab […]. Wir mussten für diese Begegnung gleich 2 unserer Spitzenspieler […] ersetzen. Das auch noch gegen die starken Volksdorfer. Niemand von uns rechnete wohl mit einem Sieg. Doch unverhofft kommt oft“. Nicht so gut verlief es dagegen für Barmbek. Barmbek verharrt mit bisherigen 1:5 Mannschaftspunkten in den unteren Gefilden der Tabelle. Und auch wir sind mit 0:4 Mannschaftspunkten (und einem Spiel weniger) in diesen dunklen Sphären zu finden. Insbesondere in Anbetracht des Restprogramms ist der jetzige Mannschaftskampf gegen Barmbek schon eine kleine Vorentscheidung. Der Sieger dieses Duells hat sehr gute Chancen, die Klasse zu halten. Mit folgender Formation geht es auswärts ins Barmbeker Basch:
- Jonny Skibb
- Jörg Spreu
- Linus Advani
- Dieter Wichmann
- Harald Meyer
- Astrid von Holten
- Horst Feis
- Rolf Lohkamp
Unser Horst Feis spielt mit Weiß gegen Günter Pasternaks Pirc-Verteidigung (1.e4 d6). Die Eröffnung läuft noch einigermaßen geschmeidig, und Feis kommt in ein angenehmes Mittelspiel. Dann übersieht Feis aber eine gegnerische Bauerngabel, findet kein Gegengift mehr und spielt fortan mit Turm weniger. 0:1 gegen uns.
Ich (Jörg Spreu) habe gute Erinnerungen ans Barmbeker Basch. Zum einen halte ich das Basch für eine angenehme Spielstätte, zum anderen wurde in Barmbek für mich individuell als auch mannschaftlich eigentlich immer gut gepunktet.
Die Russische Verteidigung (1. e4 e5 2. Sf3 Sf6) hat mir als Schwarz-Eröffnung früher treue Dienste erwiesen. Als ich dann aber mal mit der Russin ein Tal der Tränen durchlief, habe ich diese Eröffnung erstmal in die Schublade gepackt. Ich bin eröffnungsmäßig gegen weißes e4 über die Dörfer gezogen, um jetzt doch wieder der alten russischen Liebe eine Chance zu geben. Mein Gegner Sven-Holger Undritz steuert aber nicht in typisch russische Strukturen. Statt dessen geht es ins (italienische) Vierspringerspiel über. Weiß wählt ein scharfes Abspiel (Lxf7), das oberflächlich zwar gefährlich für meine Königsstellung aussieht, aber bei korrektem Spiel objektiv schon besser für Schwarz ist. Ich finde die richtigen Züge. Die bedrohlich wirkende taktische Stellung verliert langsam an Schärfe und ich stehe gut. Die Damen werden abgetauscht, und es steht ein Doppelturmendspiel auf dem Brett. Ich mit einem Mehrbauern aber ohne Blick für ein Durchkommen. Remis und mannschaftliches 0,5 : 1,5.
Jonny Skibb zieht mit Weiß und dem Königsindischen Angriff mal wieder einen schönen Angriff gegen den kurz rochierten gegnerischen König auf. Skibbs Bauern preschen nach f5 und g5 vor. Als es objektiv wohl noch recht ausgeglichen steht, bietet Skibbs Gegner Andreas Leinweber Remis. Skibb hat aber Vertrauen in seinen Angriff und lehnt kämpferisch ab. Bei halb geöffneter g-Linie trachten Skibbs Dame, Turm und Springer nach des schwarzen Königs Gurgel. So wirklich zwingend scheint noch nichts, aber Skibb kann seine Stellung nach und nach weiter verbessern. Der Druck auf den Gegner nimmt zu, und aus dem entstandenem Vorteil erwächst eine Taktik mit entscheidendem Materialgewinn. Skibbs Gegner bleibt nur die Aufgabe. Mit seinem schönen Sieg gleicht Skibb zum 1,5 : 1,5 aus.
Astrid von Holten spielt mit Schwarz und sieht sich erstmal mit Raumnachteil konfrontiert. Ihr Gegner Marcus Rogge hat Bauern auf d5 und c4. Von Holten kann das weiße Zentrum aber im Stile des Wolga-Gambits u.a. mit …b5 effektiv anhebeln. Sie findet gute Felder für ihre Figuren, während die gegnerischen Figuren gelähmt scheinen. Die Damen kommen vom Brett und es verbleiben je beide Türme und je zwei Leichtfiguren. Von Holten dabei mit den deutlich aktiveren Figuren. Daneben stehen noch jeweils eine Handvoll Bauern auf dem Brett. Deren ungleiche, dynamische Verteilung macht die Einschätzung etwas komplizierter. Von Holtens Bedenkzeit ist noch nicht dramatisch knapp, aber fängt an, ihr größere Sorgen zu bereiten. Sie schätzt ihre Stellung zwar als deutlich besser ein, in Anbetracht der tickenden Zeit nimmt sie aber das Remisangebot ihres Gegners Marcus Rogge an. 2 : 2 im mannschaftlichen Zwischenstand.
Dieter Wichmann bedient sich mit Schwarz seiner ihm gut vertrauten Skandinavischen Verteidigung (1. e4 d5). Im 11ten Zug kann Wichmann seinen c-Bauern gegen den weißen d4-Bauern abtauschen und steht in der Folge wohl recht angenehm. Auf der offenen d-Linie tauschen sich beide Turmpaare. Kurz danach tauschen sich auch noch zwei Leichtfigurenpaare ab. Weiß mit 3:2 Bauernmehrheit am Damenflügel, Wichmann mit 4:3 Bauernmehrheit am Königsflügel. Ansonsten stehen sich jeweils Dame und je zwei verbleibende Leichtfiguren in recht ausgeglichener Stellung gegenüber. Auf ein weiteres Ausfechten wird verzichtet. Wichmann geht mit seinem Gegner Jascha Sobirey ins Remis. 2,5 : 2,5 aus mannschaftlicher Sicht.
Linus Advani ist kein Mann für pomadige Grautöne. In der HMM 2023 hat er sämtliche drei Partien für unsere Mannschaft verloren. Im Folgejahr in der HMM 2024 vollbrachte er dann das Husarenstück und gewann alle fünf seiner HMM-Partien für unsere Mannschaft. Advani ist insofern ein Vorbild, als dass seine Partien bislang immer ausgespielt wurden und es ein klares Ergebnis gab. Kein voreiliges Remis mit einem späteren „hätte, wenn, aber, die Engine sagt“ usw. Es wird am Brett ausgespielt. Das einzige Remis, das ich jemals bei ihm auf dem Brett gesehen habe, war, als er sich bei einem Einsatz als Ersatzspieler in schlechterer Stellung in die Patt-Verteidigung rettete. Heute spielt er mit Weiß gegen Knut Götz. Götz hat als gegnerischer Mannschaftsführer den Mannschaftskampf sympathisch und unaufgeregt eingeläutet und tritt jetzt eben gegen unseren Linus Advani an. Advani spielt mit Weiß und setzt Katalanisch (u.a. d4, c4, fianchettierter Königsläufer) aufs Brett. Im späteren Verlauf kann Advani mit einer Springergabel die Qualität gewinnen. Material wird abgetauscht und Advani steht im Endspiel Turm und Bauern gegen Läufer und Bauern. Der Materialvorteil und die knappe Zeit des Gegners reichen für den vollen Punkt. Advani bringt uns erstmalig in diesem Mannschaftskampf in Führung. 3,5 : 2,5 für uns.
Harald Meyer muss sich aus weißer Sicht mit der Skandinavischen Verteidigung auseinandersetzen. Im Mittelspiel schafft es sein Gegner Benjamin Winter, über die offene d-Linie mit zwei Türmen auf Meyers zweite Reihe zu gelangen. Unterstützt durch Springer und Dame bringen die Tüme Verheerung in die weiße Stellung. Meyer muss sich seinem Gegner geschlagen geben. Zwischenstand 3,5 : 3,5.
Rolf Lohkamp spielt mit Schwarz die letzte und entscheidene Partie des Abends. Sein Gegner Leon Baruth geht ins Morra Gambit (1. e4 c5 2. d4 cxd4 3. c3). Lohkamp nimmt das Gambit an und spielt erstmal mit Mehrbauern. Im weiteren Verlauf steht Lohkamp gut, kann die Bauernstruktur des Gegners zerrütten und kann mit einer Taktik dann auch noch einen gegnerischen Zentrumsbauern abgreifen. Lohkamp jetzt also mit solider Stellung und zwei gesunden Mehrbauern. Material tauscht sich ab und es kommt zum Damenendspiel mit 6:4 Bauernmehrheit für Lohkamp. Lohkamp kann unter Bauernopfer geschickt den Damentausch erzwingen und in ein gewonnenes Bauernendspiel abwickeln. Mit seinem Sieg zementiert Lohkamp den Mannschaftssieg. Endstand 4,5 : 3,5 für uns.
Rolf Lohkamp ist es auch, der nach dem Sieg mal wieder kurzerhand einen kleinen Mannschaftsabend ausruft. Das Restaurant unten im Basch hat seine Pforten leider schon geschlossen und so machen wir uns zu sechst auf den Weg zu einem anderen Restaurant, um über Schach, dieses und jenes, und die große Weltpolitik zu philosophieren.
Die Ausgangslage ist jetzt sehr gut. Zwar haben wir nur einen Mannschaftspunkt mehr als das neue Tabellen-Schlusslicht Barmbek, aber wir haben das leichtere Restprogramm. Während Barmbek insgesamt nur noch zwei schwere Begegnungen gegen Spitzenteams der Liga hat, haben wir noch insgesamt drei Begegnungen. Ich lehne mich aus dem Fenster und prophezeie unseren Klassenerhalt.
Anfang April steht der nächste Mannschaftskampf an.
Link zu den Ergebnissen und der Tabelle der Kreisliga D beim Hamburger Schachverband.