Die Mehrzahl der HSK-Mannschaft wäre sicherlich nicht böse gewesen, wenn die Auslosung des Hamburger Schachverbandes einen Auswärtskampf für diese Runde ergeben hätte. Dann wäre der Spielort von einigen Spielern sogar zu Fuß zu erreichen gewesen. Aber auch das HSK Schachzentrum bietet so seine Vorteile. An einem Werktag, Donnerstag, ist der Turniersaal nicht stark belegt. In unserem Fall spielten zwei Mannschaften, was jedem Spieler einen großzügigen Spielplatz garantiert und außerdem herrscht dann auch wirkliche Spielruhe im Vergleich zum vorausgegangenen „bums-da-bums- Abend.
Im Vorfeld hatten wir intern noch einen „Beamten-Mikado-Wettstreit“ zu lösen, wer den achten Mannschaftsplatz belegen wird: „wer sich zuerst bewegt, der verliert“.
Sebastian Weihrauch hatte erbarmen und tat uns den Gefallen, was alle Spieler ab Brett 3 nun einen Platz nach hinten rotieren ließ und unsere Chance gegen den bisherigen Zweitplatzierten, Bergstedt 1, etwas aussichtsreicher erschienen ließ.
Mir jedenfalls hat es sehr geholfen. Ich konnte mit Weiß spielen und den ersten Zug e4 bestimmen. Mein Gegner hatte keine Lust auch sofort das Zentrum zu besetzen und zog in Folge e6, c6, d5 und überließ mir meine Figuren zu entwickeln, um nach Abtausch meines e4-Bauern meinen schlagenden Läufer mit f5 anzugreifen. Sein Ziel war wohl mit seinen Bauern sowohl mich auf dem Königs- als auch auf dem Damenflügel einzuengen. Dabei vergaß er aber seine Figurenentwicklung in der Eröffnung abzuschließen, was ihm zum Ende der Partie zum Nachteil gereichte. Bis zum 29. Zug standen sowohl sein Turm a8 als auch sein Läufer c8 in ihrer Ausgangsstellung und König und Dame mussten sich um den Schutz der vorgerückten Bauern auf dem Königsflügel kümmern. Im 23. Zug hatte ich schon guten Stellungsvorteil erreicht, den er mit einem weiteren Bauernzügen b5 und a5 zusätzlich unterstützte:
Es folgte 23. … b5 24. Lc2 a5 25. Te7+ Kf8 26. Te8+ Kg7 27. De7+
Nach dem Dametausch fällt der c6 Bauer durch Tc7 und wenig später der b5- Bauer und auch noch ein dritter Bauer a5 oder f5. In Anbetracht dreier Mehrbauern und eines Turmendspiels mit einem Turm gab mein Gegner im 35. Zug die Partie auf. Nach nicht einmal 2 Stunden Spielzeit, in der ich die größte Zeit verbraucht hatte, weil mein Gegner immer zügig seine Figuren zog, war ich glücklich über das erfolgreiche, „schnelle“ Ende.
Als zweiter beendete Thomas Knuth seine Partie. Thomas hatte in einer Sizilianischen Eröffnung sich gegen seinen gleichstarken Gegner gut entwickelt und stand nach 15 Zügen klar im positionellen Vorteil, die er in einen Bauerngewinn hätte ummünzen können. Leider zog er den dafür erforderlichen Zug erst einen Zug später. Da war die Chance vertan.
16.Sd5 (besser wäre Lc5 gewesen mit d6 17. Lxd6; auch exf4 oder Tb7 sind lt. Fritz etwas schlechter als d6, hätten aber erheblich mehr Gedanken für beide Seiten für die nachfolgenden Züge gefordert).
Danach verlief die Partie in ruhigen Bahnen. Es wurden Figuren getauscht und im 34. Zug bot Thomas seinem Gegner Remis an, was dieser annahm. Hier war die Stellung auch total ausgeglichen.
Die dritte Partie beendete Sebastian Weihrauch ebenfalls mit einem Remis. Gesundheitlich war Sebastian schon angeschlagen und musste danach für einige Tage das Bett hüten. Insofern ist der halbe Punkt sehr wertvoll für die Mannschaft zu werten. Sein Kommentar zur Partie „Blöderweise kann ich mein Partieformular nicht finden. Die Partie war insgesamt eher lahm mit frühem Dametausch. Am Ende hatte Olaf Wolna die etwas bessere Bauernstruktur und ich die etwas besser postierten Figuren, so dass das Remis wohl in Ordnung ging.“
Frederik Fuhrmann tat es seinen beiden Vorgängern gleich und beendete die Partie nach 24 Zügen Remis. Die Partie verlief überwiegend ausgeglichen und als man sich auf Remis verständigte, hatte Frederik leichte Vorteile. Ob sich diese auch wirklich in einen Gewinn hätten ummünzen lassen, diese Frage ließen beide Spieler mit ihrem Remis-Beschluss offen.
Die Endstellung:
Dann kam der zweite Punkt für HSK 16. Wer anderes als unser Spitzenbrett, Arne Alpers, sollte es machen? Der Gegner hatte gut 200 DWZ Punkte weniger und Arne kommentierte seine Partie kurz und bündig: „Eigentlich eine einfache Partie.“
Bis zum 22. Zug war die Partie ausgeglichen. Dann konzentrierte Arnes Gegner seine Anstrengungen auf den Damenflügel um in der offenen a-Linie zum Durchbruch zu kommen – eigentlich eine Domäne von Arnes Partien. Diese Entscheidung war allerdings nicht so gut. Von da an baute Arne seine Vorsprung aus und den Abschluss bildete ein einzügiges Matt. Auch wenn dieses noch abgewendet hätte werden können, der Vorsprung war inzwischen so stark angewachsen, dass es nur eine Frage weniger Züge gewesen wäre mit dem Gewinn einer Figur und zwei verbundener Freibauern im Endspiel.
22.Db2 (der entscheidende strategische Fehler von Weiß) Se4 23. Lxe7 Dxe7 24. Sxe4 dxe4 25. Ta1 Tea8 26. Ta5 Txa5 27. Bxa5 Txa5 und ein schwarzer Bauer ist im Sack. Der Fehler von Weiß kam aber zwei Züge später: 22.Sc6 Da3 29. Dc2 ?? Dxe3+
Jetzt stand es 3,5 : 1,5 und noch drei Partien waren am Laufen. Da musste doch ein Sieg her, dachten sicherlich einige. Es kam allerdings anders.
Den Siegtreffer hatte eigentlich Philipp Müller auf dem Brett. In einer Nimzowitsch-Indisch-Eröffnung stand Philipp bis zum 28. Zug klar im Vorteil. Er hatte eine Leichtfigur gegen einen Bauern mehr und den Königsflügel total aufgerissen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann der Vorteil weiter ausgebaut werden konnte.
29.Lxf6 (leider die falsche Entscheidung. Txf6 wäre der bessere Zug gewesen mit der möglichen Fortsetzung: Sxh4 30. Tf7+ Dxf7 31. Lxf7. Danach hätte Philipp zwar noch aufpassen müssen, um nicht in Nachteil durch den Angriff der schwarzen Türme zu kommen. Doch bei Fortsetzung der bisherigen Züge wäre dies wohl möglich gewesen.
So wurden nach Lxf6 Figuren getauscht, die bei korrekter Fortsetzung zum Remis gereicht hätte. Bei Philipps Aufgabe im 32. Zug hat er leider auf den falschen Abwehrzug gesetzt.
Bei Mark war wohl schon früher klar, dass er den Gewinn bringenden Punkt zum Mannschaftssieg nicht beitragen konnte. Seine Einschätzung zum Partieverlauf: „Ich stand mangels Eröffnungskenntnissen (Grand-Prix-Angriff gegen meinen Sizilianer) von Anfang an hinten drin und bin auch nie aus der Defensive herausgekommen. So verlor ich erst einen, später einen zweiten Bauern und gab die Partie nach knapp vier Stunden Spielzeit angesichts des hoffnungslosen Endspiels auf.“
Eigentlich hatte Mark die Eröffnung gar nicht so schlecht wie gefühlt gestaltet. Zwar war der weiße Springer mit Sd6+ bei ihm eingebrochen und hatte die mögliche Rochade zerstört, doch es gab einen entscheidenden Abwehrzug, der die Partie ausgeglichen in der Eröffnung hätte gestalten können.
13…Sc6? (besser wäre Db6 gewesen, was zum Abtausch oder zum Vertreiben des lästigen Springers geführt hätte. Danach wurde der Druck auf den schwarzen König erhöht und führte zum ersten Bauernverlust. 14. Dd5 De7+ 15. Kd1 Sd8 16. Dxc5
Nun hing alles am Partieausgang unseres Mannschaftsführers, Nico Müller.
Auch Nico hatte eigentlich bis zum 20. Zug eine komfortable Stellung erreicht mit einem Springer mehr gegen einen Bauern. Dann fielen ihm beim gegnerischen Königsangriff mit der Dame leider nicht der passende Abwehrzug ein und der Vorteil schmolz dahin und war im 28. Zug aufgebraucht.
21.Sg4 (besser wäre Lc7 gewesen und hätte den Vorteil weiter ausgebaut) Dd4+ 22. De3 (Nico: „hier hätte ich meinen König einfach zur Seite ziehen sollen. Alles wäre gut gewesen.“) Lg7 23. Se2 Dxe3 24. Lxe3 Lxa1 25. Txa1
Danach war die Partie eigentlich eindeutig Remis, doch in Zeitnot fallen einem ja nicht immer die besten Züge auf. So kam es, dass der Gegner ein Endspiel König und Turm gegen König und Springer erreichte. Allerdings mit der Zeitkomponente vor Schluss: Nico 30 Sekunden, Gegner 40 Minuten.
Nicos Kommentar: „Mein Gegner war so nett mir Remis anzubieten. Wir haben am Ende nette Gegner gehabt, die uns nicht über die Zeit gehoben haben. So konnten wir noch das 4 : 4 halten“.