In der 5. Runde trafen wir auf die 2. Mannschaft der Schachfreunde, die ihre bisher gespielten vier Partien alle deutlich gewonnen hatten, u. a. auch gegen Großhansdorf 2. Das schwächste Endresultat war ein 5 : 3-Mannschaftssieg. Mit dem DWZ-Durchschnitt von 1847 führen sie die Bezirksliga D klar an und waren somit ihrem Favoritenstatus immer beeindruckend nachgekommen. Einige unserer Spieler in HSK 16 versuchten uns mit aufmunternden Worten zum Unmöglichen (Sieg!) anzufeuern, doch es blieb leider nur bei hoffnungsvollen Worten. Der Wettkampf als solches verlief wiederum sehr intensiv und war erst nach Mitternacht mit einem weiteren überzeugenden Sieg der Schachfreunde 2 von 5,5 : 2,5 beendet. Also gekämpft hatte HSK 16 wiederum bravourös, nur eine Steinschleuder konnten wir ja nicht einsetzen.
Die erste Partie war nach zwei Stunden beendet. Thomas Knuth verlor bei einem der wenigen gleichwertigen Gegner nach 23 Zügen. Der Gegner hatte eine scharfe Variante im Sizilianer ausgewählt (Jänisch Gambit), die schon in unserer Leistungsklasse eine gehörige Portion Kenntnisse bzw. scharfe Antworten auf das Gambit erforderte. Bis zum 10. Zug klappte Thomas Gegenwehr auch sehr gut, doch dann setzte sich die Risikobereitschaft seines Gegners durch. Einen schwächeren Zug in seinen Angriffsbemühungen der auf den ersten Blick seinen Königsangriff weiter verstärken sollte, wusste Thomas leider nicht mit einem entsprechenden Gegenangriff zu beantworten und setzte stattdessen seine Verteidigungsbemühungen fort. Das gelang nicht und so gab Thomas die Partie dann im 23. Zug auf.
Die letzte Chance, um das Blatt noch zu wenden:
- … Lh4? (besser Ld6) 16. De6+! Kh8 17. Te2 Txf3 18. Dg4 Df6 19. Lg5 und der drohende Mattangriff ist erst einmal abgewehrt
Der zweite HSK-Spieler, „der ins Gras beißen musste“, war Nico Müller, auch kurz nach dem 20. Zug. Der Gegner hatte gut 140 DWZ-Punkte mehr und so war auch diese Niederlage nicht ganz unerwartet. Sie endete mit einem schönen Damenopfer und anschließendem Matt durch Turm und Springer – bei Ablehnung des Damenopfers hätte Nico einen Turm verloren und damit sicherlich auch die Partie in Kürze aufgegeben. Vor dem Damenopfer hatte Nicos Gegner zwei Türme auf der f-Linie positioniert, die das Damenopfer erst ermöglichten. Und Nicos Griff auf einen vermutlich schlagbaren Bauern auf d6 mit seiner Dame erwies sich als „Fehlgriff“.
- … Dxd6? 20. Dxg3! fxg3 21. Tf1+ Kh2 22. Sg4#
Die dritte Niederlage im Bunde musste Annica Garny einstecken, die mit einem 2100er-DWZ-Spieler von der Reserveliste der Schachfreunde den weitaus stärksten Gegner bekommen hatte. Vor Beginn des Wettkampfes wollte Nico mit Lächeln im Gesicht Annica eigentlich nicht die Spielstärke verraten, um sie nicht ganz zu demoralisieren. Dennoch hat Annica sich genauso wie Nico auch bis zum 20. Zug im Sizilianer (Drachenvariante) mit Schwarz gehalten und musste dann dem „wahren Goliath“ die Oberhand lassen.
Der Gegner eröffnete mit einer „scharfen“ Eröffnung, dem Wiener Gambit, das Grundzüge des Königsgambits enthält. Und wer hier nicht mit ausreichend Abwehrzügen vertraut ist, kann schnell in Nachteil gelangen. Und so erging es Annica. Bereits ihr 3. Zug exf4 wird in der Theorie als fragwürdig angesehen. So nahm die Partie ihren schnellen Lauf mit weiteren Verschlechterungen. Bereits im 10. Zug verzeichnete die Theorie einen Nachteil von zwei Bauern, was sich im Weiteren noch erhöhte, als Weiß dann die kurze Rochade machte und mit Turm in der f-Linie und dem Läufer auf c4 den Punkt f7 angriff. Es blieb als einziger Ausweg nur die lange Rochade. Doch dann kam mit De5 und Läufer f4 der Mattangriff mit zusätzlichem Angriff der Dame auf den Turm h8. Es wurden zwar noch drei weitere Züge gespielt. Danach gab Annica die Partie verloren.
Die „hoffnungslose“ Stellung:
Es folgte 21. Dxd8+ und Weiß hat erheblichen Materialvorteil; Schwarz gab auf.
Der erste Lichtblick war dann das Remis an Brett 3 von Alexander Hildebrandt gegen einen etwa gleichstarken jüngeren Spieler. Zum Schluss haderte Alexander ein wenig mit dem Ergebnis, da er zunächst einen schwachen Zug seines Gegners gut ausgenutzt hatte und aus einem Verlust-Bauern im 30. Zug einen Mehrbauern gemacht hatte mit anschließendem Damentausch. Danach waren nur noch als Leichtfigur beim Weißen ein Springer und bei Alexander (Schwarz) ein Läufer auf dem Brett. Auf dem Königsflügel hatte Alexander danach den Mehrbauern und auf dem Damenflügel hatten beide 3 Bauern. Im 43. Zug gab Alexander leider den Vorteil wieder her und büßte im weiteren Verlauf seinen Mehrbauern ein, so dass die Partie wirklich Remis war.
In dieser Stellung war 43. g4? leider die falsche Entscheidung. Besser wäre gewesen, den Läufer vor dem Tausch durch den Springer zu entfernen und so im Endspiel längerfristig auch die Oberhand zu behalten, z.B. 44. Lf4. Vielleicht war aber die nun angebrochene späte Stunde auch mitentscheidend, dass ausreichend Zeit für eine gründliche Stellungsbeurteilung fehlte.
Die restlichen vier Partien entschieden sich alle um Mitternacht und die Ergebnisse waren positiver als die ersten vier Partien: 2x Remis, 1x Gewinn und 1x Verlust, macht ein Endergebnis von 2,5 : 5,5 – ein „anständiges“ Ergebnis für einen „David“.
Den Anfang machte Philipp Müller mit einem Remis.
Bereits im 13. Zug gewann Philipp einen Bauern und baute seinen Vorteil in den nachfolgenden zwanzig Zügen weiter aus. Dann kam ein schwächerer Zug und die Hälfte des aufgebauten Vorteils war wieder futsch. Doch schon mit dem Antwortzug des Gegners war der alte Vorsprung wieder hergestellt und der hielt bis zum 44. Zug. Dann wurde Philipps Bedenkzeit enger und seinen letzten Zug kommentiert Philipp so: „b3 war leider Mist. Danach dringt der Gegner mit Kb4 ein und bekommt Aktivität. Ab b3 stehe ich dann auch lt. Fritz nicht mehr besser und hatte die deutlich schlechtere Zeit.“
45.b3? Besser wäre hier (überraschend) Ke4 gewesen, die zwar auch das Eindringen des Königs auf b4 ermöglicht mit nachfolgendem Schlagen des Bauern a4. Im weiteren Verlauf gewinnt jedoch Weiß als erster die Dame zurück und Schwarz muss entweder seinen Springer opfern, bevor er sich eine Dame holt oder holt sich sofort seine Dame, die ihm Weiß wieder schlagen kann und dabei im Nachzuge auch noch den Springer gewinnt. Wäre ein tolles Endspiel gewesen und ich glaube selbst für einen Großmeister nur unter ausreichend Bedenkzeit zu finden. Mir (dem Autor dieses Berichts) hat Fritz die geniale Lösung aufgezeigt.
Danach folgte auch Arne Alpers mit einem Remis, wobei die Partie über 68 Züge ging und auch die Zeitnotphase noch in den 40iger Zügen erreichte. Dabei gelang beiden nicht mehr die besten Züge zu finden und schließlich wurde die Partie durch Stellungswiederholung beendet.
Bis zum 47. Zug verlief die Partie (Bird-Eröffnung) ausgeglichen. Bereits in Zeitnot machte Arne dann nicht seinen besten Zug (Arnes Kommentar „Ich dachte, dass Sb5 verliert“), den sein Gegner zunächst ausnutzte, dann aber nicht konsequent weiter ausbaute. Mit seinem 52. Zug war der Vorsprung wieder aufgebraucht. Das Ende ist ja bekannt.
Der erste gravierende „Fehlzug“ in der Partie 47. … Se4? (Kxb5 führt zum Ausgleich und hätte das mühsame Ende erspart!)
Und dann kam der Glanzpunkt im Wettkampf für uns: Mark Bölke machte unsere einzige Gewinnpartie gegen einen immerhin 140 DWZ-Punkte besseren Spieler und sie ging über noch mehr Züge: 77 und die Partie war bis zum Ende fehlerfrei mitgeschrieben!
Mark gelang es in einer Sizilianischen Partie (ungarische Variante) im 31. Zug den ersten Bauern und fünf Züge später durch gelungenes Manövrieren einen zweiten Bauern zu gewinnen. Dreizehn Züge später wäre ihm sogar noch der Gewinn eines dritten Bauern möglich gewesen. Aber wer sieht schon nach langer Spielzeit in Nähe der Zeitnot alle optimalen Möglichkeiten? So ging Marks gelungenes Manövrieren vor allem mit Dame und Turm gegen gleichwertige Figuren des Gegners, aber gegen den nun recht ungeschützten König weiter, bis es zum Damentausch kam und seine Bauernmehrheit (zwei Stück) mit Unterstützung des Königs voranmarschierten. Außerdem ließ sich Marks Gegner auf den Austausch seines Randbauern mit dem letzten verbliebenen Königsbauern ein, so dass Mark auf dem Königsflügel drei verbundene Freibauern erhielt, die nun den Weg auf die gegnerische Seite begannen. Im 77. Zug waren die Bauern so weit auf die gegnerische Seite gekommen, dass drei Züge später die Damenumwandlung möglich gewesen wäre.
Der Gegner gab in seiner hoffnungslosen Stellung auf.
Den Schlusspunkt setzte ich gut 15 Minuten nach Mitternacht mit einer Niederlage beim Blitz 3 Sekunden vor Zeitablauf. Meine Mannschaftskollegen hatten mich später darauf aufmerksam gemacht, dass ich zwischenzeitlich das Uhrdrücken vergessen und so meinen Zeitvorteil gegenüber meinem Gegner, Fritz Fegebank – immerhin 231 DWZ-Punkte besser als ich, „verschenkt“ hatte. Im Blitzschach erwies sich Fritz trotz seines nun hohen Alters noch sehr agil und geschickt, was ich im Nachhinein mit Respekt anerkennen musste.
Die Partie war in den 80 Zügen bis zum 73. Zug immer ausgeglichen, auch wenn ich meinen auf d5 stehenden Freibauern zu optimistisch eingeschätzt hatte (mögliche Umwandlung in eine Dame). Im 42. Zug bot mir Fritz Remis an, was ich nach Rückfrage beim Mannschaftsführer und dem Hinweis, es wohl noch weiter zu spielen (Augenruntzeln), dann ablehnte. Die Partie stand zu diesem Zeitpunkt bei der Nachanalyse total auf Remis. Ich hätte mich – wenn ich schon weiter spielen wollte – auf die Absicherung des Freibauern – statt Vormarsch – konzentrieren sollen und verlor den Freibauern schließlich. Dennoch war die Partie bei nun leichtem Vorteil für Fritz weiterhin im Remis-Bereich, bis mir dann schließlich im 77. Zug in äußerster Zeitnot der entscheidende Fehler passierte. Ich gab 3 Sekunden vor Zeitablauf in verlorener Stellung die Partie auf: