Hamburger Schachklub von 1830 e.V.

Königlich in Fantasie und Logik

Offener Spielbetrieb, auch für Gäste: Jeweils Dienstag & Freitag von 18:30 – 22:00 Uhr bieten wir einen offenen Spielabend an! Wir freuen uns über alle Interessierten, die uns kennenlernen möchten. Wir bitten um Anmeldung über schachklub@hsk1830.de.

HMM 2024, Bezirksliga D: Im Wettkampf St. Pauli 8 – HSK 16 war Musik drin!

Nach dem starken Gegner der 5. Runde ging es nun gegen den „vermeintlich schwächsten“ Gegner in der Bezirksliga D, St. Pauli 8. Nach 5 Runden lagen diese auch tatsächlich auf dem 9. Rang der Tabelle. Im Vergleich mit unserer Mannschaft lagen die St. Paulianer (alle in den 1500er-DWZ-Punkten) an allen Brettern nach DWZ um mindestens 100 Punkte zurück, insofern war die Erwartung bei den HSK-Spielern für diese Runde positiv, auch in der Hoffnung, einen Sprung in der Tabelle nach oben zu machen, um noch in den Aufstiegskampf eingreifen zu können.

Wir spielten im Vereinsheim bei St. Pauli im Stadium. Vor Beginn unserer Partie erwähnte ich gegenüber meinem Gegner, dass meine letzte Begegnung mit einer St. Pauli-Mannschaft damals im Restaurant stattfand. Dieses Mal aber waren wir in einem geräumigen „kahlen“ Raum mit zwei Mannschaften platziert. Mein Gegner erläuterte mir, dass das Restaurant für eine „geschlossene Gesellschaft“ vergeben war.

Der Wettkampf begann pünktlich und aus der Ruhe im Raum konnte der neutrale Beobachter entnehmen, dass trotz des DWZ-Unterschiedes intensive Partien gespielt wurden.

Den erfolgreichen Start für uns gelang nach etwas über einer Stunde Spielzeit Thomas Knuth. Der Gegner hatte nach zehn Zügen eine gute Angriffsstellung erreicht. Thomas ging mit e4 zum Gegenangriff über. Hier wählte der Gegner dann eine falsche Figurenabwicklung, die Thomas in Vorteil brachte:

  1. … e4   12. Sxd6?  (Sd4 wäre besser gewesen) exf3!   13.  Sxf5   fxg2!
  2. Sxh6+ (zumindest noch einen Bauern mitnehmen, bevor der Springer verloren ist) gxh6   15.  Kxg2   Dd5+? (führt zum Damentausch und verliert aber auch einen weiteren Bauern, was den Figurenvorteil wieder aufhebt. Kg7 wäre besser gewesen).

Im weiteren Verlauf gelang es Thomas aber wieder starke Züge auf „schwache“ Gegnerzüge zu machen, die ihn im 28. Zug so weit in Vorteil brachten, dass der Gegner die Partie verloren gab.

Mit einem weiteren Punkt erhöhte dann Nico Müller das Ergebnis für uns. Auch hier gab der Gegner die Partie auf, was Nico im Nachhinein zu dem Kommentar veranlasste: “Ich war sehr verwundert, dass mein Gegner aufgegeben hat. Vor allem hatte ich nur noch ca. 25 Minuten für 16 Züge. Und nach der Analyse war ich noch mehr verwundert, weil ich nur etwas besser als 1,5 war.“

Zu diesem Zeitpunkt hatte Nico die Qualität Springer gegen Turm gewonnen.

Während der Partie war es eigentlich immer ausgeglichen, bis ein Figurentausch zum Qualitätsgewinn führte:

  1. Txd4 Dxd4 (eventuell hatte der Gegner auf das Turmschlagen Txd4 spekuliert. Nach dem Dame-Schlagen war wohl seine Energie für das Weiterführen der Partie aufgebraucht. Gut für uns!

Und Arne Alpers legte noch einen Punkt nach. Arne hatte über 400 DWZ-Punkte mehr als sein Gegner. Insofern war es wohl nur eine Frage der Zeit, wann sich Arnes Überlegenheit auszahlen würde. Wie bereits in zwei vorangegangenen Partien konzentrierte sich Arne zunächst auf die Eroberung eines Bauern. Dieser war auch noch der wichtige h7-Bauern zum Schutz des rochierten Königs. Danach setzte Arne alles auf Angriff auf den „halboffenen“ König. Der eigene h-Bauer sollte die Linie für den Turm öffnen, also h4 und h5. Der Gegner versuchte sich mit seinem Turm f8 über g8 und g7 zu verteidigen. Nun löcherte der h-Bauer durch hxg6 auch noch die restliche Bauernverteidigung. So nahm Arnes Angriff unwiderstehlich weitere Fahrt auf und führte zum schwarzen Damenverlust mit baldigem Matt. Der einzige Schönheitsfleck war, dass Arne im 28. Zug nicht das schnellere Ende fand oder einsetzen wollte?

  1. … Sxe5  28.  Sxh7 führt auch zum Ziel, aber es geht schneller mit Dxe5   Txg6
  2. Th8+ Tg8   30.  Tah1   Df7   31.  T1h7 und die schwarze Dame ist verloren.

Dann kam die Sternstunde der St. Paulianer mit Musik.

An Brett 3 spielte Sebastian Weihrauch und wurde vom Gegner in eine Caro-Kann-Variante gezogen. Bis zum 28. Zug verlief die Partie ausgeglichen, dann unterlief Sebastian ein etwas schwächerer Zug, den sein Gegner sofort ausnutzte. Von nun an konzentrierte sich das Spiel des Gegners auf den Angriff des zentralen d4-Bauern, den Sebastian nur schwer verteidigen konnte. Sebastian ließ sich auf den Austausch von Figuren beim Gewinn des d-Bauern ein und übersah dabei, dass ein gegnerischer Turm bereits auf der 2. Reihe Stand und die Dame auf das Feld g3 eindringen konnte, sobald der Läufer für die Verteidigung des Bauern abgetauscht wurde.

  1. … Lxd4   32.  Lxd4? (Txd4 wäre besser gewesen und hätte zu einem langen Endspiel geführt, bei dem eventuell noch ein Remis herausgesprungen wäre)  cxd4
  2. Txd4 Txd4   34.  Txd4    Dg3  und Weiß verliert in jedem Fall die Dame gegen einen Turm. Sebastian gab auf.

Ob auch hier die Umstände, die ich in meiner nächsten Partie beschreibe, dazu einen Beitrag geleistet haben, weiß ich nicht, denn dazu war ich mit meiner Partie zu sehr beschäftigt. Und als ich meine Partie aufgab, hatte Sebastian bereits den Heimweg angetreten.

Auch ich war von meinem jungen Gegner in eine Caro-Kann Partie gelenkt worden und fühlte mich darin eigentlich sicher – zumindest was die Züge bis zum Mittelspiel betraf. Das dies nicht nur ein Glaube, sondern auch den Tatsachen entsprang, konnte ich bereits im 15. Zug nachweisen. Da hatte ich die Qualität Springer gegen Turm gewonnen und den Vorsprung bis zum 28. Zug gehalten. Es war 21:15 Uhr und ich zog Td3 (siehe Diagramm)

Plötzlich setzte ein lautstarker Trommelwirbel eines Schlagzeugs ein gefolgt von „wilder“ Gitarrenbegleitung. Eilig versuchten einige St. Paulianer die Tür zum Übergang in den Restaurantbereich zu schließen, was aber nur unzureichend gelang, denn einerseits mussten diejenigen, die zur Toilette wollten, die Tür öffnen und andererseits verdeckte die Tür auch nur unzureichend die Lautstärke.

Was war passiert? Anscheinend hatte die geschlossene Gesellschaft ihr Abendmenü beendet und war zum geselligen Teil mit Musik und Tanz übergegangen.

Dieser überraschende Lärmpegel hatte mich vollends getroffen und dabei auch zugleich meinen Zug noch einmal geistig überprüfen lassen. Dabei glaubte ich nun einen Fehler zu erkennen, denn Schwarz konnte meinen Bauern c5 mit seinem Läufer f8 schlagen, da dann scheinbar mein Turm d3 nun nicht mehr ausreichend gedeckt war. Dies zog mein Gegner auch und ich hatte nicht mehr die innere Ruhe, die Stellung in Anbetracht der musikalischen Untermalung richtig zu analysieren. Jetzt erinnerte ich mich an einen Spruch meiner Mutter aus meinen Jugendjahren, die mich bei meinen Hausaufgaben mit Radiomusik ermahnte: „Junge, du kannst dich doch nicht bei dieser Musik richtig konzentrieren!“ Konnte ich doch und hatte dabei keine Probleme. Nur 60 Jahre später sieht die Welt ein wenig anders aus und die Musik tat nun ihr Übriges, um meine Konzentration einzuschränken.

Denn eigentlich ist das Schlagen des Bauern c5 mit dem Läufer eine weitere Verschlechterung der schwarzen Stellung. Bei genauer Analyse hätte man finden können, dass meine gewählte Fortsetzung Lxc7 Kxd7 mit Sxf7! fortgesetzt werden musste, was entweder zum Wegzug des Turmes c8 oder Schlagen des Springers f7 mit der Dame geführt hätte. Das macht den Läufer auf c5 dann wieder schlagbar.

All das habe ich nicht mehr mitbekommen und danach sind mir bei der musikalischen Untermalung nur noch drittklassige Züge eingefallen, was letztendlich dann zu meiner Aufgabe im 43. Zug führte. Die Musik als solches empfand ich zu einem mir passenden Stil, nur zur Unzeit!

Jetzt war St. Pauli 8 auf 2 : 3 an uns herangerückt und die drei noch laufenden Partien mussten jetzt noch durchgestanden werden. Zum Glück waren dabei nun nur noch Männer im besten Alter mit „starken Nerven“ (Philipp Müller, Alexander Hildebrandt und Mark Bölke) im Einsatz, die sich wohl von der Begleitmusik nicht beeinflussen ließen. Ich selbst habe den Ausgang der Partien vor Ort nicht mehr mitbekommen und erst am nächsten Tag erfahren. Der Kommentar aus den Reihen unserer noch spielenden „Dreierbande“ dazu lautete: (Alexander Hildebrandt) „Am Ende wurde es noch spannend. Das Match war nicht so klar wie das Ergebnis.“

Als nächstes beendete Philipp Müller seine Partie erfolgreich und es passt zum Statement von Alexander. Bis zum 25. Zug verlief die Partie ausgeglichen, obwohl Philipps Gegner 150 DWZ-Punkte weniger hat. Dann machte Philipp einen Fehlgriff (Sxf6), den sein Gegner zum Glück nicht ausgenutzt hat. Stattdessen setzte Philipps Gegner auf den Königsangriff und schlug den Springer mit dem Turm.

  1. Sxf6?  26.  Txf6? (besser wäre gewesen Dxa8  Lb7 27.  Tc1! [führt entweder zum Dametausch oder die Dame muss den Schutz des Feldes b6 aufgeben, über den die Dame entkommen kann]

Die Öffnung der f-Linie führt bei konsequenter Ausnutzung letztendlich zum Remis durch Stellungswiederholung, in die Schwarz einmünden muss, will er nicht verlieren. Dazu muss man nur den vielleicht unscheinbaren „Zwischenzug“ 27.  Tc1 seitens Weiß finden und dann mit Dh4 fortsetzen. Weiß zog gleich Dh4 und konnte die dadurch erreichte schlechtere Stellung nicht zum Erfolg führen.

Das Unentschieden im Wettkampf war somit schon sicher. Aber es waren noch zwei Partien am Laufen.

Alexander machte es wie in seiner Partie im Wettkampf gegen die Schachfreunde 2. Er mündete in ein Bauernendspiel ein mit ausgeglichenen Bauern. Nur seine Bauernstruktur war wesentlich homogener, dafür hatte sein Gegner auf dem Königsflügel zwei isolierte Bauern gegenüber einem Randbauern auf Alexanders Seite. Bei der Analyse erwiesen sich die Endspielvarianten äußert kompliziert. Selbst ein vermeintlich besserer Zug als Alexander gemacht hatte, der einen gewissen kleinen Punktevorsprung ergab, hätte nach über 20 Zügen noch nicht zum Erfolg geführt. Insofern ist das Remis nach 47 Zügen durchaus verständlich, obwohl in der Nachanalyse hier nun Alexander klar auf Gewinn stand:

  1. Kf3 Remis vereinbart, doch b4! Führt zum Gewinn, z.B. 48.  h4   Ke6
  2. Kf4 Kd6    50.  Kf3   c5   51.  Dxc5+  Kxc5

Und Mark Bölke schloss den frühen Morgen (also die Stunde nach Mitternacht) mit einem Sieg durch Zeitüberschreitung des Gegners ab.

Sein Kommentar zur Partie:
„Nach wenig geglückter Eröffnung meinerseits stand ich lange Zeit schlechter und habe früh einen Bauern eingestellt. Als ich den Bauern zurück gewann, war er kurz aus der Fassung. Ich gewann einen Turm und rechnete schon mit der Aufgabe. Den Gefallen hat er mir nicht getan. Im Gefühl des sicheren Sieges wurde ich nachlässig. Die laute Musik von der Band nebenan und aufkommende Zeitnot erschwerte die Konzentration zusätzlich. So stellte ich meine Dame ein und musste mich dann mit drei Figuren gegen die Dame quälen und über die volle Distanz gehen. Die Schlussstellung war wohl gewonnen für mich. Aber ich war froh als seine Zeit abgelaufen war.“

Die Endstellung bei Zeitablauf:

Fazit unseres Wettkampfes: 5,5 : 2,5 gewonnen gegen einen vermeintlich schwachen Gegner, der uns vor einige schwere Aufgaben gestellt hat. Es hätte auch schlechter kommen können. Aber das Glück und die Einsatzbereitschaft unserer Mannschaft hat den Sieg verdient gemacht und den 3. Platz in der Tabelle vorläufig zurückgeholt bei noch einem ausstehenden Wettkampf, der uns eventuell noch einen Platz nach unten rutschen lässt.

 

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