Der Wettkampftag kann mit drei Kurzbeschreibungen kommentiert werden: Chaos auf Hamburgs Straßen! Chaos in den Köpfen der HSKler? und Klarheit für HSK 16 über den Tabellenstand zum Ende der HMM 2024.
Ich fange mit dem wirklichen Chaos auf Hamburgs Straßen an, die ich als Bergstedter nun schon mehr als ein Jahr lang wegen Straßenbaumaßnahmen in unserer Region kenne. Die Hauptverkehrsader ist lahmgelegt und zugleich auch zahlreiche Nebenstraßen Ausweichrouten, um den Verkehr in den Wohnstraßen zu vermeiden. Die erforderlichen Maßnahmen wären schon zu ertragen, wenn man während der nun fast 1,5 Jahre währenden Einschränkungen auch permanente Straßenbauaktivitäten gesehen hätte – mitnichten, monatelang geschah gefühlt überhaupt nichts bis auf die Absperrungen. Warum das so ist, konnte ich mir durch Zufall ableiten. Vor einigen Wochen musste ich notgedrungen aus familiären Gründen in die östliche Innenstadt fahren, was ich schon jahrzehntelang nicht mehr gemacht habe. Für die meisten Anreisen, die über meinen 5km großen Heim-Autoradius hinausgehen nutze ich fast immer die öffentlichen Verkehrsmittel, so z.B. auch zum HSK Schachzentrum. Auf der Fahrt Richtung Altona kam ich an vielen Straßenbaustellen vorbei. Leider hatte ich dabei übersehen, dass es in Hamburg nicht nur ein Hotel namens „Prizeotel“ gibt, sondern zwei und natürlich hatte ich die „falsche“ Adresse gewählt und musste Richtung Hamm queren. Das gleiche Bild: zahlreiche Straßenabsperrungen mit Einschränkung der Fahrbahnen. Für so viele Baustellen kann es in Hamburg keine Bauarbeiter geben, die alle Baustellen zügig fertigstellen können.
Und nun ein ähnliches Bild bei meiner Autoanreise zur Bramfelder Spielstädte Cafe „Jetzt“, Gründgenstr. 22 (Steilshoop). Nachdem ich es mit meiner „Bergstedter-Weltumrundungstour“ auf die Hauptstraße Saseler/Bramfelder Chaussee geschafft hatte und zügig Richtung Steilshoop fuhr (mit eingeschaltetem Navi bei unbekanntem Ziel) sollte ich bereits vor Erreichen der Steilshooper Allee abbiegen. Ging aber nicht wegen mit Bauwänden gesperrter Straße. Also fuhr ich den kleinen Umweg über die Hauptstraßen und wollte gemäß Navi-Anweisung rechts in die Gründgenstraße abbiegen, ging aber nicht wegen Bauabsperrungen und Einbahnstraßeneinrichtung in umgekehrter Richtung. Also fuhr ich links statt rechts und fand nach etlichen hundert Meter tatsächlich einen Parkplatz in einer Straßenrandeinbuchtung. Ich machte mich auf den Fußweg zum mir unbekannten Spiellokal und stellte dabei fest, dass die Gründgenstraße, eine Hauptverkehrsader am Rande der Steilshoop-Siedlung, keine Gebäude mit Straßennummer hat – nur Gewerbeflächen und Häuserzeilen mit der Straße abgewandten Hauseingängen. Mein Handy hatte ich unglücklicherweise auch zuhause gelassen, so dass ich mir die Bramfelder Spielstätte ohne Google/maps im wahrsten Sinne des Wortes erkunden musste. Ich war glücklich noch kurz vor 19 Uhr die Spielstätte gefunden zu haben und so ging es einigen unserer Spieler. Mit Glockenschlag 19 Uhr waren dann endlich alle Spieler an ihren Plätzen.
Und nun zur Fragestellung, ob auch wir HSK 16 Mitglieder das Chaos in ihren Köpfen angerichtet hatten bei unserer 1 : 7 – Klatsche? Mitnichten, denn es wurde bis zur Mitternacht hart gekämpft und unsere Gegner hatten an diesem Tag wohl eine Sternstunde erwischt, in dem sie alle Schwächen auch sehr gut ausgenutzt haben. Dass es sich bei der Bramfelder Mannschaft um eine starke Bezirksliga-Mannschaft handelte, war mir bei Sichtung der Rangliste bekannt. Bis zum 6. Brett alles 1700er DWZ-Spieler und die vorderen zwei so gar 1900er. Auch die hinteren Bretter fallen im Vergleich zu anderen Mannschaften nicht sonderlich ab.
Das einzige Chaos zu diesem Wettkampf wird wohl meine Reihenfolge der Partiebeendigungen sein, denn aufgrund der intensiv geführten Partien und der Aushilfstätigkeit von Arne Alpers als Mannschaftsführer und Spieler mit der längsten Partie, hat niemand so richtig mitbekommen, wer wann seine Partie beendet hat. Nico Müller, unser Mannschaftsführer, war im Urlaub und verfolgte über WhatsApp-Nachrichten unser „Elend“.
Insofern war der Anfang des Wettkampfs mit einem Remis durch Thomas Knuth ein ordentlicher Auftakt, auch wenn die Endstellung wohl bessere Aussichten für Thomas versprach, allerdings mit einem wohl mühsamen Endspiel. Der etwas schwächere Gegner hat Thomas Remis-Angebot auch sofort angenommen.
Die Endstellung: Schwarz am Zug – schlägt wohl die weiße Dame und verschafft Weiß einen Doppelbauern und hätte damit eine bessere Ausgangssituation für das Endspiel, zu dem es aber nicht kam.
Die zweite Partie hat wohl Alexander beendet. „Nach zwölf Tagen durchgehend Messe war ich einfach noch nicht fit und habe einen Läufer einzügig eingestellt – Blackout“. Die Stellung vor Alexanders letztem Zug (f4?) vor Aufgabe; danach ist der Läufer e3 ungedeckt.
Nicos Kommentar aus der Ferne: „Kopf hoch, kann mal passieren!“
Von nun an hagelte es Niederlage nach Niederlage. Annica Garny hatte die Eröffnung gut überstanden und im 8. Zug mit e5 die e-Linie geöffnet, wobei sie den Figurentausch mit dem Turm abschloss. Den ließ sie dort stehen, bis er nach weiteren Zügen angegriffen wurde und leider den falschen Fluchtweg einschlug, nach h4.
Die Position nutze der Gegner aus, in dem er die 5-Reihe für einen Rückzug blockierte und nun den Turm mit weiteren Figuren angriff, der schließlich im Tausch mit einem Springer fiel. Danach tauschte der Gegner weitere Figuren, so dass sein Qualitätsvorteil sich noch stärker bemerkbar machte. Im 41. Zug gab Annica die Partie in total unterlegener Stellung auf.
Als nächster musste Philipp Müller das Handtuch werfen. Bis zum 24. Zug verlief seine Partie bei einer Sizilianischen Verteidigung gegen seinen um 100 DWZ-Punkte besseren Gegner gut, zumal der Gegner zuvor einen Springer gegen zwei Bauern hergegeben hatte. Jetzt wollte Philipp eine weitere Figur tauschen, doch im Nachhinein stellte sich heraus, dass das der Anfang vom Ende war und der bereits auf f7 platzierte Bauern zu einem echten Monster wurde:
24. Lb7? (Lb4 mit der möglichen Abfolge 25. Te3 Te7 26. c4 Le6 27. Lxe6 Txe6 28. g4 fxg4 29. g3 Txf7 hätte das Bauernmonster beseitigt und Vorteil für Philipp gebracht.)
Im 35. Zug gab Philipp seine Partie auf, da der Gegner jetzt die Gelegenheit ergreifen kann und seinen König im Gegensatz zu ihm ins Gefecht schicken kann.
Danach haben dann wohl Zeitgleich nach vier Stunden Spielzeit Mark Bölke und ich ihre Partien aufgegeben.
Ich fange mit Marks Partie an: Bis zum 42. Zug war die Partie zwischen Marks Gegner, gut 100 DWZ Punkte mehr als Mark ausgeglichen. Man war bereits im Turmendspiel (je ein Turm) mit jeweils vier Bauern, wobei Maks Bauernstruktur besser aussah – zweimal zwei verbundene Bauern gegen vier einzelne Bauern. Der Gegner hatte allerdings einen Freibauern bereits auf der dritten Reihe postiert, auf den Mark immer achten musste, dass er nicht zur Umwandlung kommt. Das Endspiel war total ausgeglichen, wenn beide Seiten die „richtigen“ Züge finden. Leider fing Mark mit einem schwächeren Zug an:
43. Kd4? (Th2 wäre die korrekte Fortsetzung gewesen), dem schloss sich im nächsten Zug ein weiterer entscheidender Fehler an: … Tf6 44. Tf2? g4! und die Umwandlung eines Bauern (g oder h) ist nicht mehr aufzuhalten.
Nun zu meiner Partie: Aus der Eröffnung bin ich mit Schwarz gut herausgekommen, auch wenn ich „unkonventionelle“ Züge bei der Eröffnung 1. e4 e5 2. Lc5 Sf6 3. d4 Sxe4? gemacht habe. Im 22. Zug musste ich dann sehr lange nachdenken und habe etliche Optionen überprüft. Leider nicht weit genug. Für mich drohte Sg5 mit dem Verlust entweder des h- oder f-Bauern. Dennoch überlegte ich, ob es irgendwelche Gegenmaßnahmen gibt und ich die Drohung übergehen könnte. Letztlich zog ich h6, den mein Gegner „gnadenlos“ ausgenutzt hat. Dabei hat es tatsächlich eine wesentlich bessere Option gegeben:
22. … h6? (Sfe4 wäre die richtige Lösung gewesen, die ich verworfen hatte, weil ich den Doppelangriff mit weißem Springer und Turm gesehen hatte. Doch hier wäre es „nur“ zu einer weiteren Vereinfachung des Spiels ohne Nachteil gekommen:
23. Sxe4 Sxe4 24. Txd8 Lxd8 25. Sd2 [Sg5 Lf6+ 26. Kc1 Lxg5 27. Lxg5 Te6] … Sd6 26. Txe8 Sxe8)
23. Txe7+! Txe7 24. Txd6 Txd6 25. Lxd6 Td7
Damit gerät Weiß in Vorteil, den ich in der Partie nicht mehr egalisieren konnte und gab dann im 58. Zug auf, nachdem Weiß mit zwei Springern gegen Turm gezeigt hat, welche Macht die beiden sich unterstützenden Springer entwickeln können gegen einen Turm.
Danach hatte ich dann Gelegenheit mir selbst die beiden letzten laufenden Partien anzusehen: Frederik Fuhrmann und Arne Alpers spielten noch.
Bei Frederik sah es zu diesem Zeitpunkt erfolgsversprechend aus. In seiner gewohnten Englisch-Eröffnung war er gut aus der Eröffnung gekommen und hatte zwischenzeitlich >+2.0 Punkte erreicht, die aber bis zum 43. Zug wieder verflossen waren. Im 43. Zug war man im Turmendspiel angekommen, in dem Frederik zwei Mehrbauern hatte, davon ein Doppelbauern. Dann machte er einen „merkwürdigen“ Turmzug, der ihm einen Tripple-Bauern bescherte und bei korrekter Spielweise auch ein Remis ergab, statt des erhofften Gewinns. Im Endspiel kommt es sehr auf korrekte Bauern und Königszüge an, in diesem Fall war nur noch der König wirklich im Spiel. Die schwarzen Bauern konnten nicht ziehen und die weißen Tripple-Bauern hatten zum Glück noch ein Schlupfloch gelassen, um den weißen König ins Spiel zu bringen. Im 48. Zug gab es folgende Stellung mit Schwarz am Zug:
48. … Kd6? (Kc5 hätte Schwarz das Remis gesichert) 49. Kd4 Kc6 50. Kc4 Kd6 und hier vereinbarten beide Remis. Doch das Spiel wäre für Weiß gewonnen gewesen mit 51. Kb5! Kd5 52. f3! (ein wichtiger Zwischenzug) Kd4 53. Kc6 Ke3 54. Kd6 Kxf4 55. Ke6 und der Bauer f6 fällt und macht dem Bauern den Weg frei zur Damenumwandlung.
Danach konnten sich die Kiebitze (Mark, Philipp, Frederik und ich) auf die Partie von Arne konzentrieren. Sie waren im 45 Zug und auch hier gab es ein Turmendspiel, bei dem Arnes Gegner einen Bauern mehr (vier insgesamt) hatte und einen Freibauern in der d-Linie. Beide fochten ein nervenaufreibendes Endspiel aus, in dem es langsam auf die Zeitnot zuging. Bis zum 48. Zug fand Arne immer die richtigen Züge, um das Remis zu halten. Dann verließen ihn die Gedanken zur richtigen Remis-Strategie.
59. Th8? (Tg5 oder Tf5 führen letztlich zum Remis, z.B. Tg5 e4 60. Tb5! Ke3
61. Tb3+ Kd2 62. Tb1 Ta6 63. h5 e3 64. Tb2+ Kd1 65. Tb1+ Kc2
66. Tb8 Td6 67. Ke2 Td2+ 68. Kf1 =
Und weil die Endstellung in jedes Lehrbuch passt, hier auch diese:
67. Tf6 Th1+! mit anschließender Bauernumwandlung in Dame!
Arnes Kommentar gleich nach der Partie: „Alles gegeben. Der Gegner hat unfassbar gut gespielt. 5 Stunden gekämpft.“
Damit war unser Schicksal besiegelt: 1 : 7 verloren! Und auch der Abschluss in der Bezirksklasse D ist besiegelt.
Wir können nicht mehr absteigen!
Als Tabellensiebter gestartet, haben wir mindestens einen Platz besser, also Platz 6, erreicht. Schachfreunde 2 sind unangefochtener Tabellenerster und werden sich im letzten Wettkampf gegen Bramfeld auch nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lassen. Also kommt es bei uns jetzt in der letzten Runde im Heim-Wettkampf gegen Barmbek 3, einen Punkt besser als wir, darauf an, wie wir abschneiden. Bei einer Niederlage oder Unentschieden bleiben wir auf Platz 6, bei einem Gewinn erreichen wir wohl den 5. Platz. Bergstedt wird sich im Endkampf mit St. Pauli sicherlich keine Niederlage erlauben und bei fünf Punkten Vorsprung hätten sie selbst bei einer Niederlage noch ausreichend Puffer, um den 4. Platz zu halten.