Nach dem „Hammer-Gegner“ Großhansdorf 2 in Runde zwei spielten wir jetzt in Runde drei gegen einen gleichstarken Gegner, sodass wieder intensive Partien zu erwarten waren. Sasel 2 hatte in seiner ersten Runde gegen Großhansdorf besser abgeschnitten als wir, allerdings nur um einen halben Punkt und sie hatten vor allem an den drei hinteren Brettern die Punkte gemacht. Das war auch auf den Einsatz starker Spitzen-Spieler aus der nachfolgenden Mannschaft zurückzuführen. Meine Warnung vor dem kommenden Wettkampf vor einer ähnlichen Situation war allerdings unnötig, denn beide Mannschaften traten in Bestbesetzung an, d.h. Sasel 2 mit den eigenen Spielern an den hinteren Brettern. Brett 1 scheint bei Sasel 2 wohl kaum zum Einsatz zu kommen.
Der Wettkampf begann pünktlich mit „alle Mann an Bord“. Die erste Partie war schon nach wenigen Minuten zu Ende. Frederik hatte sich mit seinem Gegner nach 14 Zügen – im Prinzip so zum Ende der Eröffnung – auf Remis bei absolut ausgeglichener Stellung geeinigt.
Die sieben anderen Partien verliefen sehr intensiv und erst um 22 Uhr klärte sich die Situation entscheidend.
Nico Müller hatte mit weißen Steinen den jüngsten Gegner, einen Schüler mit gut 100 DWZ-Punkten weniger, der ihm zumindest in der Eröffnung noch Paroli bieten konnte, dann aber im 14. Zug den ersten Bauer verlor und auch eine schlechtere Stellung bekam. Durch drei weitere ungenau Züge verschlechterte sich die Situation des Schwarzen zusehends. Vor allem Nicos Springer auf c3 hätte mit dem Zug nach d5 und dem möglichen Vorstoß seines vorgerückten Bauern auf e5 nach e6 seinen Vorteil noch ausbauen können, Das wurde aber versäumt. So musste er bis zum 33. Zug spielen, bis es ihm gelang zwei Freibauern auf der a- und b-Linie zu bekommen, die letztendlich die Partie entschieden.
33. … Txa6 34.Lxa6 Sxd5 35. b5
Im 47. Zug gab sein junger Gegner dann in aussichtsloser Stellung auf.
Dieses Mal würde es also nichts bei Sasel mit der Punkteausbeute auf den hinteren Plätzen.
Dem setzte nun auch Mark Bölke noch einen drauf. In einer Holländischen Verteidigung schwappten die leichten Stellungsvorteile hin und her und es dauerte bis zum 34. Zug bis Marks Gegner ein folgenschwerer Fehler unterlief, den Mark unverzüglich ausnutzte. Vielleicht hatte er sich die Weihrauch-Partie aus Runde 2 genauer angesehen, denn er konterte den Rückzug des weißen Turms nach b3 mit folgendem Zug:
34. ….. Dg5!! (Gleiches Motiv aus Runde 2 von Sebastians Gegner, nur dass Marks Gegner nicht sofort aufgab, sondern sich die Lösung zeigen ließ und noch weitere 7 Züge bis zur Aufgabe spielte).
Als Ergänzung zu diesem guten Erfolg an den hinteren Brettern steuerte nun auch noch Arne Alpers, Brett 1, einen Treffer bei. Arne war der einzige Spieler in unserer Mannschaft, der gegenüber seinem Gegner einen erheblichen Vorsprung (>200 DWZ-Punkte) hatte und auch den Vorteil auf dem Brett kontinuierlich ausbaute. Zunächst nach altbekannter Manier: ich erobere zunächst einen Bauern und verbessere dann meine Stellung. Letztendlich wurde aus einem Bauern dann kurz vor Schluss ein Mehr-Läufer und zwei Züge später gab Schwarz die Partie im 40. Zug auf.
Die letzten Züge: 37: … Lh3? 38. Gxh3 Dxh3 39. Th2 Dg3+ 40. Dg2 Schwarz gibt auf
Der Wettkampf stand zu diesem Zeitpunkt 0,5 : 3,5.
Dem Leser der vorangegangenen Berichte von HSK 16 wird aufgefallen sein, dass ich bei Arnes Partie nichts von Bauernsturm auf dem Flügel geschrieben habe. Vielleicht hatte er vermutet, dass es ja auch andere Spieler gibt, die in seine Fußstapfen treten. Das war ich. In der HMM hatte ich nun das erste Mal die weißen Steine. Mein Gegner hatte fast die gleiche DWZ wie ich. Ich begann, wie ich es unzählige Male in Internet-Blitz-Partien ausprobiert hatte. Den Versuch, in eine klassische französische Parte geleitet zu werden, widersetzte ich mich mit Schlagen des schwarzen d-Bauern. Nach 15 Zügen des Aufbaus von Leicht- und Schwerfiguren auf der nun offenen e-Linie zog ich meine Dame nach b3, auch in der Hoffnung, dass der Gegner mit eigener Dame und Springer diese von dort zu vertreiben suchte. Der Gedanke ist aufgegangen und ich konnte den Springer und die Dame mit den a- und b-Bauern angreifen. Unterstützt wurde das Vorgehen auch durch einen zentral positionierten Springer auf e5. Am Ende des weiteren Vormarsches meiner Bauern hatte ich die Qualität Turm gegen Springer gewonnen und begann das Spiel durch Tausch weiterer Figuren zu vereinfachen. Das Endspiel begannen wir mit der Situation: Weiß (ich) mit Turm und Dame gegen Schwarz mit Dame und weißfeldrigem Läufer sowie einem Freibauern auf a6, der von Läufer und Dame gegen einen möglichen Angriff gesichert werden musste. Sie waren im Prinzip auf dem Damenflügel gebunden und konnten Angriffe gegen den König nur unzureichend unterstützen. Eigentlich hätte ich das Spiel schon kurz nach der Zeitkontrolle in nachfolgender Stellung entscheiden können (aber nicht gesehen):
42. Dc2 Kg8 43. Tc8+ Dxc8 44. Dxc8 (Damengewinn!), usw.
So musste ich noch weiter spielen, bis es mir 6 Züge später auf der f-Linie gelang eine vergleichbare Situation zu erreichen, die zum Damenverlust geführt hätte. Schwarz gab auf.
Jetzt vernahm ich ein leises freudiges Gemurmel bei den bereits „fertigen“ HSKlern und erfuhr, dass mit meinem Sieg auch der Wettkampf gewonnen war und bei der Gelegenheit auch das Ergebnis der bereits beschriebenen Partien.
Dennoch mussten noch drei Partien zu Ende gespielt werden.
Alexander Hildebrandt – extra aus 300 km Entfernung angereist, um dorthin auch wieder zurückzukehren – drohte in seiner Partie durch eine Unachtsamkeit bereits im 8. Zug einen Bauern einzubüßen und entschied sich, einen Läufer gegen zwei Bauern einzutauschen, um die Einengung auf dem Damenflügel zu umgehen. Er kämpfte nach Tausch von Dame und einem Turm gegen die weiße Mehrfigur mit einer erheblich besseren Bauernstellung weitere 25 Züge, als er leider einen „schwachen“ Zug Se1 seines Gegners übersah und nicht zum Ausgleich nutzen konnte:
38. … Th1! 39. Lf2 (Springer wegziehen führt zum Tausch weiterer Figuren und aufgrund der Übermacht der schwarzen Bauern auf dem Damenflügel zum Remis) Se4 40. Le3 a3 41. Bxa3 Sc3 42. Ld2 Sxd1 …
Nachdem diese Chance vertan war, konnte Weiß seine Stellung verbessern. Im 60. Zug gab Alexander die Partie verloren.
Der vorletzte Kämpfer war Philipp Müller. Er hatte sich gegen eine Holländische Eröffnung zu erwehren. Beide Spieler waren gleichstark. Im 16. Zug bot Weiß in ausgeglichener Stellung Remis an, was Philipp ablehnte. Die Partie verlief bis zum 35. Zug weiterhin ausgeglichen, als Weiß einen folgenschweren Zug machte, den Philipp nicht mehr nachweisen musste, denn Weiß gab auf:
35. Df2 (Tg4+! verliert die Dame)
Die Krönung unseres Wettkampfes lieferte Sebastian Weihrauch mit seiner genial herausgespielten Mattstellung:
Die Partie mit Sizilianischer Eröffnung ging über 50 Züge. Zu Beginn der Partie hatte man den Eindruck, dass keiner der Kontrahenten den Angriff starten wollte. Zügelang wurden Türme, Dame und Leichtfiguren auf der jeweiligen Seite hin- und hergeschoben. Doch was so wenig vielversprechend aussah, entpuppte sich dann kurz vor der ersten Zeitkontrolle – vielleicht schon unter dem Zeitdruck – als durchaus zielführend. Vorausgegangen war ein schwarzer Springerzug nach b6 zur Absicherung eines auf c4 in die weiße Hälfte eingedrungenen Springers, der zusätzlich durch einen Bauern auf b5 gedeckt war. Dieser wurde von Sebastian mit a4 angegriffen und hier schlug Schwarz mit dem Springer b6 statt mit dem Bauern. Letzteres hätte zu intensiven gegenseitigen Figurendrohungen und Abtauschen geführt, die wohl angesichts der bevorstehenden Zeitkontrolle Schwarz nicht überblicken konnte. Die Folge des „falschen“ Figurentauschs war der Verlust eines schwarzen Springers. In der weiteren Folge wurde dann kräftig Figurengetauscht, so dass es zum Endspiel kam mit Weiß Turm, Springer und Läufer und Schwarz Turm und Läufer, allerdings mit zwei Freibauern auf a4 und e5. Die letzten Züge der Partie:
48. Lf8 (Der Anfang vom Ende) 49. Kh2 g6 50. Sd6 Tc2 51. Sf7+ Kg8 52. Ld5 a3 53. Sg5+ und Matt im nächsten Zug.
Fred Fertig würde bei Fritz&Fertig sagen: „Was für ein Endspiel, was für ein geniales Matt!“
Den Wettkampf haben wir also unvorhersehbar deutlich mit 1,5 : 6,5 gewonnen.